Ein uralter erzgebirgischer Erwerbszweig.

Von Dr. E. Köhler.

In den „Wanderungen durch die interessantesten Gegenden des Sächsischen Obererzgebirgs” (I. Annaberg, 1848) sagt der Finanzprokurator Lindner von dem vermutlich gegen Ende des 15. Jahrhunderts entstandenen hochgelegenen Dorf Bermsgrün bei Schwarzenberg: „Das jugendliche Hammerwerk Erla an seinem Fuße zog damals, wie es höchst wahrscheinlich ist, die ersten Blechschmiede aus dem Orte Bermsgrün am bayrischen Fichtelgebirge herein, welche sich allmählich hier seßhaft machten. Geburts- und Heimatsschein waren dort und hier nicht üblich, und man fühlte das Bedürfnis eines Tauf- und Geschlechtsnamens nicht, weil es genügte, daß sie Blechschmiede waren. Die Kinder und Nachkommen behielten diese Benennung mit Hinzufügung eines sogenannten Spitznamens zur Unterscheidung bei und behalfen sich damit bis auf den heutigen Tag, wo nicht weniger als 72 Familienväter gezählt werden, die sämtlich Blechschmidt heißen.” In gleicher Weise sind auch zahlreiche andere Familiennamen, z. B. Müller, Glaser, Schreiber u. s. w. auf der frühere Beschäftigung, oder wie Schulze, Richter, Vogt u. s. w. auf die amtliche Stellung eines oder mehrerer Vorfahren zurückzuführen. Zu den von der einstigen Beschäftigung stammenden Familiennamen ist auch unzweifelhaft der Name „Köhler” zu zählen. Derselbe gehört so recht dem Erzgebirge an, wo die „Köhlerei”, d. h. das Kohlenbrennen seit Jahrhunderten für zahlreiche Bewohner einen Erwerbszweig bildete, der noch in der Gegenwart, freilich bedeutend sparsamer, in den oberen Waldbezirken, z. B. bei Zöblitz, Hirschenstand, Karlsfeld und Morgenröthe, bei Göttersdorf i. B. u. s. w. angetroffen wird. Dr. G. Oertel irrt daher, wenn er in der Leipziger Zeitung von 1891 (No. 76) schreibt, daß die Meiler aus unserm Erzgebirge gänzlich verschwunden seien. — Vor Jahrhunderten „köhlerte” man in Gegenden, wo längst der Waldreichtum hauptsächlich infolge des Bergbaus dahin ist, und in einer derartigen Gegend, nämlich südlich von Freiberg, in der Umgebung der Dörfer Berthelsdorf, Müdisdorf u. s. w. mochten auch seit alter Zeit meine Vorfahren ansässig gewesen sein. Es könnte also vielleicht mein Stammbaum bis in jene Zeit zurückgeführt werden, da man in der Freiberger Gegend die ersten Bergwerke und Schmelzhütten anlegte.

In der Geschichte und den Sagen unsers Vaterlandes treten wiederholt Köhler auf. Der Köhler Georg Schmidt befreite 1455 am Fürstenberge bei Schwarzenberg den Prinzen Albert aus den Händen des Kunz von Kauffungen; ein Köhler soll im Jahre 1458 in dem einem Herrn Walzig von Bärenstein gehörigen Walde beim Abräumen seines verkohlten Meilers ausgeschmolzenes Zinn gefunden haben, was nach der Sage die Veranlassung zur Gründung der Bergstadt Altenberg wurde, und eine andere Sage erzählt, Köhler hätten sich zur Zeit der Hussitenkriege im Walde, da wo jetzt Crandorf liegt, ihren Kohlenkram, d. h. Hütten aufgebaut, weshalb man den daselbst entstandenen Ort zuerst Kram- und später Crandorf genannt habe.

Als im Gebirge an zahlreichen Orten Eisenhütten entstanden, brannte man auch überall in deren Nähe das Holz zu Kohlen, da diese zum Ausschmelzen der Erze nötig waren. In der 1697 erneuerten Kurfürstlichen Holzordnung von 1560 wurde aber bestimmt, daß die Köhler das Holz nicht mehr selbst schlagen lassen durften und das Kohlenbrennen nur noch in der Zeit Mariä Verkündigung bis zum Tage Galli, d. h. vom 25. März bis 16. Oktober zu gestatten sei. In früherer Zeit wurden

Quelle: Glückauf! Organ des Erzgebirgsvereins. 11. Jahrgang. No. 7 v. Juli 1891, S. 60 – 63.