Altenberg-Zinnwald.

Glückauf! Organ des Erzgebirgsvereins. 11. Jahrgang. No. 2 v. Februar 1891, S. 13 – 16.

Einer der interessantesten Teile des Erzgebirges ist derjenige, in dessen Mitte die oben genannten beiden Städte liegen. Sein geologischer Aufbau ist in letzter Zeit von Dr. K. Dalmer in einer vortrefflichen Karte nebst dazu gehörigen Erläuterungen dargestellt worden. (Blatt 119 der unter Leitung des Oberbergrats Prof. Dr. Herm. Credner vom K. Finanzministerium herausgegebenen geol. Karte des K. Sachsen, Leipzig in Commission bei W. Engelmann, mit Erläuterungen 3 M.) Es erscheint uns daher als eine Pflicht, die Freunde unseres Gebirgs auf die Arbeit hinzuweisen und durch eine kurze Inhaltsangabe zur Anschaffung behufs eingehenderen Studiums zu veranlassen. Schon früher ist in unserem Vereinsorgane auf die vielseitige Nützlichkeit hingewiesen worden, welche genaue geologische Karten nicht nur für Bergbeamte und Forstleute, sondern auch für Landwirte, Lehrer und alle diejenigen haben, die offenen Auges eine Gegend bereisen und ihre Kenntnisse von derselben bereichern wollen. Wie die übrigen Sektionen der geologischen Karte unseres Vaterlandes ist auch die vorliegende in dem Maßstabe 1:25000 bearbeitet, so daß sie zugleich einen sichern Wegweiser für die Wanderungen durch das betreffende Gebiet liefert.

Wenn auch die dargestellte Gegend sich nur als eine wellig hügelige, nach Norden geneigte Fläche darstellt, deren Kammlinie zwischen 790 und 908 m schwankt, so bringen doch die zum Teil tief eingeschnittenen Thäler, durch welche das ursprünglich plateauartige Gelände in lauter langgestreckte, bald breitere, bald schmälere Bergrücken zerlegt worden ist, einigen Wechsel und etwas Mannigfaltigkeit hervor. Besonders sind hier die Thäler der wilden und roten Weißeritz, des Pöbel-, Biela- und Geisinger Baches hervorzuheben. Als selbständigere Erhebungen über die plateauartige Fläche sind aber der Kahleberg (904 m) und der um 80 m niedrigere basaltische Geisingberg zu nennen.

Anders erscheint das Gebirge nach Süden. Hier fällt es steil nach Böhmen ab, und die dunklen Waldungen und tief eingerissenen wilden Schluchten und Thalgründe bilden auf dieser Seite einen wirksamen Gegensatz zu den tief unten ausgebreiteten lachenden Gefilden des reichgesegneten Nordböhmen.

An dem geologischen Aufbaue unsers Gebiets beteiligen sich in erster Linie Eruptivgesteine, welche sich von Teplitz aus in nordwestlicher Richtung über das Gebirge hinwegziehen. Östlich davon ist die untere, westlich die obere Stufe der Gneisformation, sowie die Phyllitformation vertreten. Vereinzelt und in nur geringer Verbreitung kommen Ablagerungen der Steinkohlenformation und ebenso der der Tertiärzeit angehörige Basalt in einigen Kuppen vor. Von jüngeren Bildungen ist endlich nur das Alluvium vertreten.

Die Eruptivmassen, welche die beiden genannten Stufen der Gneisformation von einander scheiden, bestehen zunächst aus einem außerordentlich mächtigen Gange von Quarzporphyr (Teplitzer Porphyr), der sich nach Westen zu, über den Rand seiner Eruptionsspalte übergreifend, deckenförmig über Gneisen und Ablagerungen der Kohlenformation ausbreitet, so daß er erst nach der Bildung der letzteren emporgedrungen sein kann. Außerdem wird dieser Porphyr an der Ostseite von einem ebenfalls mächtigen jüngeren Gange begleitet, der aus Granitporphyr besteht. Beide Porphyrgesteine endlich werden von einer nordwestlich streichenden Reihe von Granitstöcken spitzwinklig gekreuzt. Letzteren gehören das Schellenhauer Massiv, die kleine Kuppe von Altenberg und die Granitstöcke von Zinnwald und Graupen an. Sie sind, abweichend von den sonst in Sachsen zwischen Granit und Porphyr beobachteten Altersverhältnissen, jünger als die genannten mächtigen Porphyrgänge. Der auf der benachbarten Sektion Nassau auftretende Fleyer Granit dagegen, welcher nur zu einem sehr kleinen Teile in die Sektion Altenberg hineinreicht, wird von Porphyrgesteinen durchsetzt, ist also älter als letztere.

Wie oben bereits bemerkt wurde, ist die Gneisformation im Osten von dem Porphyrzuge durch die untere oder ältere, im Westen dagegen durch die obere oder jüngere Stufe vertreten. Erstere besteht aus mittel- bis grobkörnig-schuppigen Biotitgeneisen mit untergeordneten Einlagerungen von rotem Gneis und Einlagerungen von Amphibolit, oder der Biotitgneis hat auch stellenweise durch jedenfalls nachträgliche mechanische Beeinflussung eine granitische Ausbildung erhalten. Die obere Stufe besteht aus mittel- bis kleinkörnig-schuppigen Biotit- oder grauem Gneise mit viel Muscovit- oder rotem Gneise.

Die unserm Gebiete angehörige Phyllitformation, welche dem untern Gliede derselben angehört, ist durch einen aus Kaliglimmer, einen chloritischen Mineral und Quarz sowie etwas Feldspat bestehendem Phyllit vertreten. Eingelagert sind demselben stellenweise Hornblendeschiefer und Kalkstein. Am bedeutendsten und abbauwürdig tritt letzterer östlich vom Rehefelder Jagdschlosse auf. Die Steinkohlenformation findet sich bei Bärenfels und Schellerhau, sowie auch in geringerer Ausdehnung bei Bärenburg, Zaunhaus-Rehefeld und Altenberg. Sie besteht je nach den Örtlichkeiten aus Conglomeraten, Breccien und Tuffen, Sandstein und Schieferthon, und enthält kleinere Bröckchen von Kohle, oder letztere trat auch östlich von Zaunhaus-Rehefeld in kleinen, bis 0,7 m mächtigen Flötzen auf, so daß sie abgebaut werden konnte. Dies geschah in den Jahren von 1848 bis 1861. Geinitz fand in den diese Flötze begleitenden Schieferthonen, sowie in dem schwärzlich gefärbten Sandsteine Reste von bekannten Steinkohlenpflanzen. Nach Abbau dieser Kohlenflötze wurden in der Nachbarschaft noch andere, jedoch von geringer Ausdehnung und Mächtigkeit aufgeschlossen.

Von hervorragendem Interesse muß außer den das westliche Gneis- und Phyllitgebiet insbesondere in der Gegend zwischen Moldau und Zaunhaus-Rehefeld durchsetzenden Gangporphyren der ebenfalls als Gang emporgestiegene, sich aber auch deckenartig ausbreitende Teplitzer Quarzporphyr sein. Seine Absonderung ist eine unregelmäßig vieleckige, so daß sich bei ihm ein engmaschiges oder weitläufigeres Netz von Ablösungen bildet und das Gestein entweder in einen eckigen kleinstückigen Schutt oder ein grobes Blockwerk zerfällt. Im allgemeinen ist dasselbe gegen die Verwitterung sehr widerstandsfähig und daher ragt sein Verbreitungsgebiet auch in Bezug auf Höhenlage mehr oder weniger über die angrenzenden Gneise und Phyllite empor.

Begleitet wird dieser Teplitzer Quarzporphyr östlich von einem Gange von Granitporphyr, in dessen feinkörniger Grundmasse rote Feldspäte (Orthoklase), vielfach zu Zwillingen verwachsen, eingestreut liegen. Dieser Granitporphyr ist als eine jüngere, bis zu einem gewissen Grade selbständige Bildung aufzufassen. Doch scheint seine, wenn auch schmale Verschmelzung mit dem Teplitzer Porphyr darauf hinzudeuten, daß letzterer noch nicht ganz gefestigt war, als der Granitporphyr empor drang, so daß der beide Eruptionen trennende Zeitunterschied kein großer gewesen sein kann.

Die größern und kleineren Granitstöcke des Gebiets sind, wie bereits bemerkt wurde, jünger als die Porphyre und die Glieder der Steinkohlenformation. Ihre Bestandteile sind überall Quarz, zwei Feldspäte (Orthoklas und Plagioklas) und ein magnesiaarmer, lithionhaltiger Glimmer. Die umfangreichste dieser Graniterhebungen ist die von Schellerhau, welche zum größten Teile im Gneisgebirge aufsetzt und nur südöstlich keilförmig in das Gebiet des Teplitzer Porphyrs eindringt. In seinen Rändern, z. B. am Nordwestabhange des Kahlen Berges, umschließt er vereinzelte Zinnlagerstätten. Ungleich bedeutender aber ist das Vorkommen des Zinnerzes in dem Granit- und Zwitterstocke von Altenberg. Am Ostende genannter Stadt setzt in dem Granitporphyr eine Granitkuppe auf, die insofern ein besonderes Interesse beansprucht, als in ihr in nicht unbedeutender Ausdehnung topasreiche greisenartige, d. h. aus Quarz und Glimmer, schwach lithionhaltigem Kali-Eisenglimmer zusammengesetzte Gesteine auftreten, die ihres Zinnerzgehaltes wegen schon seit Jahrhunderten Gegenstand des Bergbaubetriebes gewesen sind. Dieser Granitstock ist über Tage durch die bekannte Altenberger Pinge aufgeschlossen, welche infolge des Zusammenbruchs zahlreicher großer, durch den Bergbau geschaffener unterirdischer Weitungen entstand und die einen Flächenraum von 2,5 Hektar bei einer Tiefe von gegen 80 m einnimmt. Sie wird von senkrechten braunroten Felswänden eingefaßt und in ihrem untern Teile von Schutthalden ausgekleidet. Die hier aufgeschlossenen geologischen Verhältnisse sind in der Dalmerischen Arbeit durch ein Spezialkärtchen eine Profilansicht dargestellt worden. Die oben genannten greisenartigen Gesteine enthalten das Zinnerz fein eingesprengt; zuweilen kommt letzteres aber auch zu Schnüren, Adern oder nierenförmigen Putzen angereichert vor. Außerdem enthält dieser Zwitterstock noch eine Menge anderer Mineralien, wie Eisen- und Arsenkies, Kupferkies, Molybdänglanz, Eisenglanz, Flußspat, seltener Wismutglanz, Zinkblende, Kalkspat, Uranglimmer u. s. w. Durch die Anwesenheit des Kupferkieses wird augenscheinlich ein den Grubenwässern stellenweise eigener, nicht unbeträchtlicher Kupfergehalt verursacht.

Inmitten des Altenberg-Teplitzer Porphyrgebietes tritt weiter die Granitkuppe von Zinnwald mit ihren merkwürdigen Zinnlagerstätten zu Tage. Dieselbe wird durch die sächsisch-böhmische Landesgrenze in eine größere böhmische und eine kleinere sächsische Hälfte zerlegt. Der Granit enthält auch hier einen dunklen lithionhaltigen Glimmer, und der Zinnstein findet sich einenteils innerhalb eingeschlossener Greisenpartien, anderenteils in flötzartig über einander liegenden Quarzgänge. Der Greisen aber ist stets mit dem Granite innig verwachsen und auch durch Übergänge verbunden. Er besteht aus weißlichgrauem Quarz und bräunlichgrauen Lithionglimmer, denen neben dem fein eingesprengten Zinnsteine als unwesentliche Bestandteile noch Topas und Flußspat beigemengt sind.

In größerer Anzahl wird die Zinnwalder Granitkuppe von flachgelagerten Zinnerz führenden Gängen (den „Flötzen” des Zinnwalder Bergmanns) durchzogen. Sie setzen sich aus denselben Bestandteilen wie der Greisen zusammen, jedoch erscheinen in ihnen der Quarz und Lithionglimmer nicht körnig gemengt, sondern in größeren Massen lagenartig ausgeschieden und zwar in der Weise, daß die einzelnen Lagen den beiden Salbändern parallel laufen. Hier und da tritt auch Feldspat in größeren Massen auf, der dann gewissermaßen den Quarz ersetzt. Die Mächtigkeit dieser flötzartigen Gänge, welche das Zinnerz (sowie Wolfram) teils innerhalb der gesamten Gangmasse, sowohl im Glimmer als auch im Quarz eingesprengt, teils auch in der Gangmitte auskrystallisiert enthalten, schwankt meist zwischen 15 und 70 cm, steigt aber auch stellenweise bis auf 2 m an. Außer diesen flachgelagerten Gängen treten in der Zinnwalder Granitkuppe auch steile Gänge auf, welche aus gleichen Mineralien wie jene bestehen und jedenfalls auch gleichzeitiger Entstehung sind. In Sächsisch-Zinnwald hat man ehedem aus den durch Flötzabbau gewonnenen Zwittern durchschnittlich etwa 4 bis 6 Zentner Zinn vom Schock Fuhren (also etwa 950 Zentnern) des Erzes ausgebracht. Für die böhmischen Gruben im südlichen Teile des Granitstockes, woselbst die Flötze im allgemeinen nicht nur mächtiger, sondern auch erzreicher entwickelt sind, darf ein Durchschnittsgehalt von etwa 6 – 8 Zentnern Zinn im Schock Fuhren angenommen werden.

Am Schlusse der Darstellung der geologischen Beschaffenheit der Altenberg-Zinnwalder Gegend sei noch bemerkt, daß die der Tertiärzeit angehörenden Basalterhebungen, unter denen der nordöstlich von Altenberg liegende Geisingberg hervorgehoben zu werden verdient, vorherrschend aus Nephelinbasalt, einem krystallinischen Gemenge von Augit und Nephelin nebst Titaneisen und Olivin und etwas Apatit bestehen, daß aber dieser Basalt lokal auch durch Aufnahme von Leucit oder Feldspat in Leucit- oder Feldspatbasalt übergeht.

Die ehemals beim Galgenteiche westlich von Altenberg vorhanden gewesenen Torflager sind bis auf geringe Reste abgebaut, doch wird der Torf noch westlich und südwestlich von Zinnwald mehrer Meter mächtig in größerer Erstreckung anstehend beobachtet.

Köhler.