Aus einem alten Kartenwerke.

Von Ludwig Lamer, Hainsberg.

Vor einiger Zeit entdeckte ich unter alter zum Einstampfen gebrachten Makulatur einen leider nicht mehr vollständigen sehr schönen alten Atlas (der Altertumsfreunden, die ein Interesse daran nehmen, gern zur Verfügung steht, und bei unserer nächsten Hauptversammlung zur Einsicht ausliegen wird) „ans Licht gestellt von Homaennichen Erben 1752“ und gestatte mir nun über einige, unser Vereinsgebiet betreffende Karten Mitteilungen zu machen, und zwar zunächst auf Grund einer Karte, betitelt: „Accurate geographische Delineation der Dioeces und des Ammtes Dresden mit allen ihren und denen angrenzenden Stædten, Flecken und Dorffschafften auf Ihro Kœnigl. Maj. in Pohlen und Churf. Durchl. zu Sachsen allergnädigst hierzu ertheilten Befehl, mit besonderem fleisse Geometrice durch viele intersectiones eingeholet und verfertiget auch nachgehends auff allergnædigste Concession edirt von M. Adam Friedrich Zürner Past. Sckass. gestochen von Peter Schenken jun. in Amsterdam mit kœnigl. und churfl. Sachs. Privilegis“, über

Das Ammt Dipoldis-Walda.

Südlich vom Ammt Dresden und begrenzt von diesem, dem Ammt Pirna und Ammt Grüllenburg zeigt uns die obenerwähnte Karte das Ammt Dippoldis-Walda, dessen Grenzen von folgenden aber noch zum Ammt gehörigen Ortschaften und Punkten gebildet werden: Eckersdorff, N. Heslich, Welschhuffe, Gohlicht Berg, Haynichen, Possendorf, dem Lerchenberg, Laue, Köhrner Kipsa, Riemerich, Hirschbach, Lucha, dem Lucher Berg, Kohl Berg, sodann in zwei langen Ausbuchtungen Heinersdorff und Rotenbach, ferner Beerwalde, Heckendorf, Groß Hahn und Klein Hahn und Liebau, womit wir wieder bei der nördlichsten Ortschaft Eckersdorff angelangt sind.

Sonst finden wir noch im Ammt verzeichnet: Rechts der roten Weißeritz (welche das Ammt mitten durchschneidet) den Poisen- oder Puisten Wald, Ober-Naundorff, Rabenau, Wilmsdorff, Kl. Oelsa, Gr. Oelsa, Wendisch-Carsdorff, die Dippoldiswaldische Heyde, Malter, O. Hoeslich, Ringels- oder Reinholdshayn, Dippoldiswalde, Elend, N. Frauendorff, O. Frauendorff, Ullen- oder Ulberndorff; links der roten Weißeritz: Spechtritz, Borlas, Seyffersdorff, Paulhayn, Paulsdorff, mit der Paulsdorffer Heyde, Seyfen, Bäreuche und Reichstadt.

Das Ammt wird, wie schon erwähnt, von Süden nach Norden durchschnitten von der roten Weißeritz, welche zwischen O. Carsdorff und dem Kohlberge in dasselbe eintritt und bei Eckersdorff dasselbe wieder verläßt; als Zuflüsse sind auf der Karte angegeben: rechts ein bei Ringelshayn entspringender und bei Rabenau in die Weißeritz einmündender Bach (Oelsbach); links erst ein ganz kleiner namenloser Bach, an einem Berge bei Beerwalde entspringend und gegenüber von Malter sich in die Weißeritz ergießend, dann ein bei Borlas entspringender Bach, der sich etwas unterhalb der Einmündung des Oelsbachs in die Weißeritz ergießen soll (in Wirklichkeit etwas oberhalb). Außerdem entspringt noch im Poisen ein Bach, der sich aber erst im Ammt Dresden bei Deuben in die Weißeritz ergießt (Haeslich-Bach) und endlich durchfließt, bei Beerwalde eintretend, die wilde Weißeritz das Ammt, verläßt es aber noch oberhalb des Tharandtischen Waldes wieder.

Für den Verkehr sorgen folgende Landstraßen („Hohe Straßen“ besitzt das Ammt keine): Eine von Dresden ausgehende, über Coschitz, Potschappel, Döhlen, Deuben und Hainsbach führende Landstraße betritt das Ammt bei Eckersdorff und geht über Borlas, Heckendorff nach Klingenberg und weiter und heißt die freybergische Straße; eine zweite Landstraße zweigt von ersterer gleich unterhalb Dresden ab und nimmt ihren Zug über Roecknitz, Alt-Keyditz, Noettnitz und Bannewitz, tritt in das Ammt ein bei Welschhuffe und führt über Possendorff rechts von Wendisch-Carsdorff an den Köhrner Kipsen vorbei über die Teich-Mühle (am Oels-Bach) und O. Haeßlich nach Dippoldiswalde, wo sie endet.

Post- oder Schleifwege, wie sie die Karte nennt, finden sich folgende vor: von der Landstraße bei Alt-Keyditz im Ammt Dresden abzweigend über Boderitz bei Gohlicht Berg nieder in die Landstraße einmündend einerseits, und von Alt-Keyditz unter dem Namen „Rosen-Weg“ durch den Poisen neben Boernichen wieder in die Landstraße mündend, sodann links von Wendisch-Carsdorff die Landstraße wieder verlassend durch die Dippoldiswaldische Heyde als „Fuß-Steg“ nach Dippoldiswalde führend anderseits. – Von Dresden über Leubnitz als „Heu-Straße“ bei Rüppgen (alles noch im Ammt Dresden gelegen) neben Haynichen vor Possendorf wieder in die Landstraße mündend und endlich, von der freybergischen Straße in Heckendorf abgehend und nach Somsdorf führend (die jetzige Wegverbindung von Somsdorf mit dem Plauenschen Grunde über Coßmannsdorf bestand zu dieser Zeit noch nicht, sondern soll erst später, anläßlich einer königlichen Jagd – nach Überlieferung – angelegt worden sein).

Als Berge führt die Karte namentlich an: den Gohlicht-Berg unterhalb Welschhuffe (jetzt Goldene Höhe), den Lerchenberg bei Börnichen (schon damals nicht mehr bewaldet, also jedenfalls richtiger als Lerchenberg, nicht wie manche wollen als Lärchenberg von früherer Bewaldung mit Lärchen), die Köhrner Kipsa, den Lucher Berg und den Kohlberg.

Als Wälder sind angegeben: der Poisen- oder Puisten (Tannenbestand), die Dippoldiswaldische Heyde (Tannen, Fichten und Eichen) – die Bewaldung des Kohlbergs, die Paulsdorffer Heyde und endlich ein Waldbestand zwischen Hoeckendorff und Somsdorf (Hoeckendorfer Haide) letztere drei ohne Angabe der Waldart.

In der Dippoldiswaldischen Heyde sind folgende Waldorte angegeben: der Einsiedler (Einsiedlerstein, noch jetzt bekannt und besucht) der Huttenstein und die Kalte Eiche (Orte die mir nicht bekannt sind, zu deren Ermittlung aber bereits Schritte im Gange). Die Ruine der Barbara-Kapelle oder Klausen-Kirche war jedenfalls, wie auch noch mehrere Jahrzehnte dieses Jahrhunderts so vollständig in Vergessenheit geraten, daß ihrer gar keine Erwähnung geschieht. –

Betrachten wir nun zunächst die zwei Städte des Ammts näher.

  • Dippoldiswalda, nach welchem das Ammt benannt ist, besitzt nach der Karte eine Mutter- oder Hauptkirche (welche wie alle nachfolgend erwähnten Kirchen Churfürstl. Consistorial-Lehen sein soll), ein Schloß, ein Ammt, ein Haupt-Gleit, eine Walk-, mehrere Mahl-Mühlen und in nächster Nähe ein Bergwerk oder Bergbau auf Kupfer. Eingepfarrt Ob. Hoeslich, Ringelshayn, Ulberndorff und Bäreuche. Im Wappen führt es 2 Schwerter und darunter einen Mann.
  • Rabenau besitzt ebenfalls eine Mutterkirche, ein gräffl. oder adelig Schloß, ein Jägerhaus und 2 Mühlen und eine Brett- oder Schneidemühle. Eingepfarrt sind dahin Ob. Naundorff und Klein Oelsa. Im Wappen führt es einen Raben.

Von den anderen Orten im Ammte ist folgendes zu bemerken:

  • Eckersdorf besitzt nur eine „schlechte Kneip“ eine Schmiede und das Rittergut daselbst in „Schrift-Säßig“.
  • Nieder-Heslich, Bauerndorf, (so werden alle Dörfer bezeichnet, wo nur Bauern wohnen, also kein Rittergut oder Vorwerk sich befindet).
  • Welschhuffe, Bauerndorf mit Gasthof oder Wirtshaus, Herrn-Schaffe; auf dem Gohlicht-Berg daneben ein Steinbruch (jetzt noch große Sandsteinbrüche).
  • Haynichen, Bauerndorf, mit schlechter Kneip.
  • Wilmsdorff, Bauerndorf, ebenfalls blos mit schlechter Kneip.
  • Possendorf, mit einer Mutterkirche, wohin eingepfarrt: Welschhuffe, Haynichen, Willmsdorf und Wendisch-Carsdorff im Ammt, sowie außerhalb desselben noch Bernichen, Laue, Quoren, Kl. Carsdorf, Rippgen, Kl. Kleba, Babisnau und Teusewitz. Besitzt ein Wirtshaus und in der Nähe steht eine Windmühle (heute noch am Wege von Possendorf nach Babisnau).
  • Laue, ein Bauerndorf.
  • Ober-Naundorf, ein Bauerndorf mit einem Vorwerke.
  • Klein-Oelsa, Dorf mit einem Rittergute, besitzt außerdem ein Bey-Gleit, eine Mühle und eine Schmiede.
  • Wendisch-Carsdorf, Dorf mit einem Rittergute oder Vorwerk, besitzt eine schlechte Kneip und ein Jägerhaus.
  • Riemerich, ein Bauerndorf.
  • Ober-Haeßlich, Dorf mit Rittergut oder Vorwerk und schlechter Kneip.
  • Malter, Bauerndorf mit 3 Mühlen.
  • Ringelshayn oder Reinholdshayn, Dorf mit Vorwerk, Bey-Gleit und Bauern-Schaffe.
  • Hirschbach, Bauerndorf mit Jägerhaus.
  • Elend, Dorf mit Vorwerk und Herrn-Schaffe.
  • Nieder-Frauendorf, Bauerndorf.
  • Ober-Frauendorf, Dorf mit Vorwerk.
  • Lucha, Bauerndorf.
  • Ober-Carsdorff, Bauerndorf mit einem Gasthofe, Brettmühle und 3 Mahlmühlen.
  • Reichstadt, mit einer Mutter-Kirche, einem Pastorat, einem Schrift-Sässig Rittergute, einer Schmiede, einem Wirtshause und Herrn-Schaffe. – Als Filial-Kirche gehört dazu die Collegen oder Galleen (St. Gallus- später Kahle Höhen-Kirche).
  • Bäreuche besitzt ein Schrift-Sässig Rittergut, 4 Mühlen.
  • Paulsdorf, Bauerndorf mit schlechter Kneip und Herrn-Schaffe.
  • Seyfen, Bauerndorf.
  • Paulshayn, Bauerndorf, mit einem Steinbruche daneben.
  • Ruppendorff, mit Haupt- oder Mutterkirche, wohin eingepfarrt Beerwalde, Bey-Gleit, Vorwerk.
  • Beerwalde, Bauerndorf, schlechte Kneip, Mühle.
  • Seyffersdorff, Mutter-Kirche, wohin eingepfarrt Spechtritz, Paulshayn, Seyfen, Paulsdorff, Malter und Groß-Oelsa; Bey-Gut, Schmiede, schlechte Kneip, Brett- und Mahlmühle.
  • Heckendorff mit Mutter-Kirche, wohin eingepfarrt Ober-Cunnersdorff und Borlas, Bey-Gleit, Rittergut, Jägerhaus, schlechte Kneip, 2 Schmieden, 2 Mühlen und Brettmühle.
  • Borlas, Dorf mit Vorwerk, Wirtshaus und Mühle.
  • Groß-Hahn (Groß Dorfhain) mit Kirche, Mühle und schlechter Kneip.
  • Klein-Hahn (Klein Dorfhain) Rittergut, Jägerhaus, Schmiede und Wirtshaus.
  • Liebau, Bauerndorf mit schlechter Kneip.

Ich muß es nun besser Orientierten überlassen, was sie an diesen Angaben, bei welchen ich, soweit erkennbar allenthalben den Bezeichnungen der Karte gefolgt bin, zu verbessern haben, und verschanze mich bezüglich etwaiger unrichtiger Angaben vorsichtiglich hinter meinem Vormann, den Herrn M. Adam Friedrich Zürner und dem, was dieser ehrenwerte Herr ebenfalls vorsichtig seiner Karte beizufügen nicht unterlassen hat, und welches zugleich Zeugnis von den großen Schwierigkeiten giebt, die sich zu jener Zeit der Herstellung einer nur einigermaßen richtigen Karte entgegenstellten, aber auch beweist, wie gewissenhaft der Herr Magister dabei zu Wege gegangen. Er sagt nämlich: Die aus falschen Nachrichten oder sonst besserer Correction zu communiciren, weilen an denen Graentzen die Orte so man gesehen bisweilen noch ohne intersection nur mit angedeutet worden. Ob ich mich gleich bei denen hie angraentzenden Orten nicht nur alle dergleichen möglich gewesen mich beflissen, von denen meisten, wenigstens von allen in der Superintendtur liegenden Orten nach Unterschied der über 60 erklährten Zeichen genaue Erkundigung einzuziehen und solche hie nach zu zeichnen. Als dass man nach solchen nur in denen über 300 angraentzten Orten auch über 18000 fragen affirmative oder negative beantworten kann. Und diss noch ohne Absicht auf die Distantzen welche sich gegen einander noch weit mehr multipliciren und welche nach dem kleinen Ringlein in jedem Orte zu judiciren sind.

Im Ganzen genommen werden meine verehrten Leser, insbesondere aber meine lieben Vereinsgenossen in Dippoldiswalde, aus dem Angeführten doch ein ziemlich richtiges Bild des Zustandes unserer Gegend vor 130 Jahren bekommen, und wenn mir dieses gelungen ist, so wird es mich ermutigen, noch ferneres aus dem alten Kartenwerke „ans Licht zu stellen“. 

Quelle: Glückauf! Organ des Erzgebirgsvereins. 2. Jahrgang. No. 12 v. 15. Dezember 1882, S. 110 – 113.