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Vortrag von Dr. Köhler.

Wie man sich außerhalb des Erzgebirges bis in die neueste Zeit hinein dessen Natur vielfach als poesiearm, arm an fesselnden Scenerien und darum ermüdend in der Ausdehnung von Ost nach West vorstellte, so galten auch die Erzgebirger zwar als fleißige und genügsame, aber dabei nüchterne Leute in denen die schöpferische Phantasie entweder nie erwacht oder doch bei den Sorgen um das tägliche Brot wieder entschlummert sei.

Daß man hinsichtlich der erzgebirgischen Natur, unserer Höhen und Thäler, unserer Wälder und Bergwiesen, unserer Felsenwände, Schluchten und darinnen rauschender klarer Gewässer, so häufig in völliger Unkenntnis war, davon überzeugen sich die uns Besuchenden mehr und mehr; sie werden aber auch im Verkehr mit dem Volke dessen bewußt werden, daß letzteres im Erzgebirge kein so prosaisches Geschlecht ist, wie sie vielleicht meinten, sondern daß seinem Gemüte auch duftige Blüten entsprossen sind, welche sich zu einem reichen Kranze verflechten lassen. Nur auf eine Form dichterischen Gestaltens sei mir hier gestattet hinzuweisen, auf die Sage. Bei meinem Nachgehen erzgebirgischer Sagenstoffe, wozu mich in erster Linie der Reichtum derartiger Überlieferungen im benachbarten Vogtlande veranlaßte, sowie ein mindestens gleicher Reichtum in Thüringen und im Harz, von woher dem Erzgebirge vor Jahrhunderten ein gut Teil seiner Bevölkerung zuströmte, griff ich selbstverständlich auch zu den alten Stadt- und Landgeschichten, aus denen Ziehnert und Gräße in ihren Sammlungen sächsischer Sagen reichlich schöpften, und ich entdeckte dabei noch manche Quelle, die jenen entgangen war. Auch dorthin, wo Ziehnert und Gräße die Volksüberlieferungen fanden, kehrte ich, als zu den noch zugänglichen Quellen, zurück, und so verfolgte ich weiter jede scheinbar noch so unbedeutende litterarische Spur, weil ich von vornherein davon überzeugt war, sie würde mich zu einer dankenswerten Ausbeute führen. Außer in des Albinus „Meißnischer Bergk-Chronika“ (1590) und in Christian Lehmanns 1699 erschienenen „Historischem Schauplatz derer natürlichen Merkwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober-Ertzgebirge“, einer der reichsten Fundgruben, liegen gar beachtenswerte Schätze in Mollers Theatrum Freibergense Chronicum (1653), Tobias Schmidts Chronica Cygnea (1656), Meltzers Historia Schneebergensis (1716), Meißners „Umständlicher Nachricht von der Bergstadt Altenberg“ (1747), in der 1746 erschienenen „Umständlichen Chronika der freyen Bergstadt Anneberg“, Engelschalls Beschreibung der Bergstadt Johanngeorgenstadt (1723) und Oesfelds Historischer Beschreibung einiger merkwürdiger Städte des Erzgebirgs (1777); ja auch die neueren Chroniken, wie Brandners Lauenstein (1845), Staberohs Chronik von Öderan (1847), Falke´s Geschichte von Geyer (1866) und noch eine Anzahl anderer, sowie Schriften für Touristik, wie Lindners Wanderungen durch die interessantesten Gegenden des sächsischen Erzgebirgs (1844) und Grimms sächsisches Erzgebirge (1847), habe ich für meine Zwecke nicht gänzlich leer gefunden. Es ist nicht meine Aufgabe, an dieser Stelle alle die litterarischen Quellen namhaft zu machen, aus denen ich bisher schöpfte; ich wollte nur, indem ich eine Anzahl derselben anführte, andeuten, wie reich die Ernte hier für unsere heimatliche Sagenforschung ist. Manche der genannten und noch andere Schriften berücksichtigen auch den böhmischen Teil unseres Gebirges, und dort ist besonders in der neueren Zeit die Aufmerksamkeit den Sagen zugewendet worden. Die von Weymann redigierte Erzgebirgszeitung brachte bereits manchen hübschen Beitrag, Heger und Lienert ließen in ihrer Ortskunde von Schmiedeberg (1879) als Anhang dortige Sagen folgen und Wenisch veröffentlichte 1882 solche aus dem Joachimsthaler Bezirke, nachdem bereits 1863 von Grohmann ein Sagenbuch von Böhmen und 1864 „Aberglauben und Gebräuche aus Böhmen und Mähren“ mit vielen Beiträgen aus dem Erzgebirge herausgegeben worden waren.

Wenn ich mir nun die Aufgabe gestellt habe, ein Sagenbuch des gesamten Erzgebirgs zu bearbeiten, so genügen mir alle diese bereits gedruckten Beiträge und Vorarbeiten nicht, da ich weiß, daß noch sehr viel von den Vätern und Müttern ererbte Überlieferungen, welche noch Niemand aufgeschrieben hat, im Volke fortleben. Eine reiche Ausbeute habe ich bereits gewonnen, vieles durch Vermittelung meiner Schüler und anderer Freunde meines Unternehmens, einiges wenige aus dem „Glückauf“, und ich kann wohl annehmen, daß die Quellen da und dort noch reichlich fortfließen, wenn sich nur recht viele finden wollten, welche Lust und Geschick besitzen, zu schöpfen, oder die wenigstens die Tröpflein nicht unbeachtet lassen, wenn dieselben von der sprudelnden Quelle der Volkspoesie wie verloren auf das Ufer niederfallen.

Mancher von Ihnen, welcher weiß, daß in den Jahren 1822 und 1824 „die romantischen Sagen des Erzgebirges“ von Dietrich und Textor erschienen sind, wird nun vielleicht der Ansicht sein, daß mein Unternehmen, ein Sagenbuch des Erzgebirgs zu schreiben, überflüssig sei, indem ich damit um 60 Jahre zu spät komme; allein ich weise darauf hin, daß das Dietrich-Textorsche zweibändige Werk nur 22 Nummern enthält, von denen noch mehrere, weil sie historische Begebenheiten schildern, in Abzug zu bringen sind, und daß weiter der verbleibende Bruchteil der eigentlichen Volkssagen, wie ja auch die Vorrede zum 2. Bande sagt, „in ein zeitgemäßes Gewand gekleidet und ihnen so gewissermaßen der Anstrich neuerer Zeit gegeben wurde.“ Diese Worte veranlassen mich auf die sprachliche Form hinzuweisen, unter der allein die Sagen für die wissenschaftliche Forschung von bleibendem Werte sind. In der schlichten Weise, mit welcher das Volk die Überlieferungen seiner Väter festgehalten hat, mit möglichst gleichen Worten, in derselben Verbindung der Sätze, ohne das Einschieben ursprünglich fremder Gedanken, müssen die Sagen niedergeschrieben werden. Es gilt für jeden Sammler derselben, was die Brüder Grimm in der Vorrede zu ihren deutschen Sagen aussprechen, daß sie nämlich als Erstes nicht die Treue und Wahrheit aus den Augen gelassen haben. Und weiter beklagen sie, daß „die ungenügsamen Gebildeten nicht blos die wirkliche Geschichte, sondern auch das gleich unverletzliche Gut der Sage mit Unwahrheiten zu vermengen, zu überfüllen und überbieten getrachtet“ haben. Sie aber weisen bei der Veröffentlichung ihrer bahnbrechenden Sammlung darauf hin, „daß sie arme Sagen nicht haben reich machen mögen, weder aus einer Zusammenfügung mehrerer kleinen, wobei zur Not der Stoff geblieben, Zuschnitt und Färbung aber verloren gegangen wäre, noch gar durch unerlaubte fremde Zuthaten, die mit nichts zu beschönigen sind.“ Das sind die Gesichtspunkte, welche auch mich leiten, und darum erachte ich es mit allen denen, welche nach dem Hinscheiden der Brüder Grimm sich in deren Geiste der einfachschönen Sagen angenommen und dieselben vor dem völligen Untergange gerettet haben, für einen bedauerlichen Fehler, wenn Einzelne jene Gebilde der Volkspoesie mit neumodischem Putz und Flitterwerk behingen. Auf diesem Fehler beruht es, daß die obengenannten Dietrichschen Sagen des Erzgebirgs und ebenso auch die Volkssagen Sachsens von Ziehnert, soweit uns dieselben in gebundener Rede überliefert wurden, nur mit Vorsicht zu benutzen sind. Mögen dieselben in solcher Form, ebenso wie die von Segnitz bearbeiteten Sagen, Legenden, Märchen und Erzählungen aus der Geschichte des sächsischen Volks, auch von einer großen Mehrzahl gern gelesen werden, für die Sagenforschung, von deren ernster, mühsamer und das Verständnis des Volksgeistes erschließender Arbeit die wenigsten eine Ahnung haben, sind sie vielfach von keinem, oder doch nur geringem Werte.

Überschauen wir nun das ganze Sagengebiet, so lassen sich zwei große Gruppen unserer Überlieferung von einander trennen. Entweder wächst, um mich der Worte Karl Haupts in der Vorrede zu seinem Sagenbuche der Lausitz zu bedienen, die Sage von oben nach unten, d. h. Überirdisches und Wunderbares senkt sich herab ins gewöhnliche Leben, oder sie wächst von unten nach oben, indem historische Ereignisse, oder wenigstens solche, die geschehen sein könnten, mit Wundern ausgeschmückt werden.

In der ersten Gruppe treten zunächst die Götter- und Dämonensagen entgegen. Die Göttersagen sind in unserm Gebirge, soweit sie überhaupt von den sporadisch verteilten ersten Ansiedlern noch in der Erinnerung festgehalten worden waren, zum größten Teile weggeweht, gänzlich verschwunden sind sie aber nicht. Ich erinnere an die Sage von dem Kopfe des Slavengottes Triglaff in der Hauptkirche zu Zwickau und an den Ursprung der Namen Crottendorf und Crotenleide, welche freilich von der Überlieferung auf einen Götzen Crodo zurückgeführt werden, dessen Nichtvorhandensein später endgültig nachgewiesen wurde. Die Sage erzählt uns weiter von einem heiligen Haine bei Freiberg, in welchem ein slavisches Götzenbild gestanden haben soll, und von Wunderzeichen am Himmel, als wenn verschiedene Kriegstruppen mit einander im Gefechte wären, letzteres Erinnerungen an die Krieger Wuotans, welche im Hofe der Walhalle miteinander kämpften. Gegenüber solchen spärlichen Überlieferungen von der heidnischen Götterwelt treten in unserm Gebirge die Sagen von den Dämonen, d. h. mit göttlichen und natürlichen Eigenschaften ausgestatteten und im Mythus sonst im Verkehre mit den Gottheiten selbst auftretenden Wesen, in großem Reichtume auf. Es sind dies die Sagen von Wassergeistern oder Nixen, Vegetationsgeistern, wie Waldteufeln, Kobolden, Hemännchen und dergleichen mehr, von Riesen und endlich auch von Tierdämonen, welche als Schlangen, Kälber, Hasen, Katzen, Mäuse, Hühner, Fische und noch in anderen Gestaltungen erscheinen. Der männliche Nix oder Wassermann und „Wasserteufel“ erinnert in einigen unserer Sagen an den skandinavischen Odhin, dessen Beiname Nikarr ihn als den Wellen besänftigenden Meergeist bezeichnet. Als schönes apfelgraues Roß erscheint er am Meeresstrande und ein großes Pferd mit ungeheuren Hufen zeigt sich auf dem Wasser, wenn Sturm und Gewitter aufsteigen. So erscheinen auch an einem unheimlichen Orte des Pöhlbaches bei Wildenau neben andern Spukgestalten Pferde, die Teiche bei Oberscheibe wurden im Jahre 1644 so aufgeführt, „als wenn sich zwei Pferde im Wasser mit einander schlügen“, und in Neudorf reitet der Bachreiter auf seinem Funken schlagenden Rosse des Nachts die Sehma auf und ab. Männliche und weibliche Nixe bewohnten den thörichten See bei Sebastiansberg und man hörte daselbst manchmal Jauchzen, Geigen und Pfeifen, „so daß es nicht anders geschienen, als würde eine volkreiche Bauernhochzeit in der See gehalten.“ Der musikalische Nix aber ist bezeichnend für die slavische Anschauung, während alle Vorstellungen von geschwänzten Nixen an die keltische Brunnennymphe Melusina erinnern. Die in ihrer untern Hüfte als Fisch erscheinende Seebergjungefer kam zuweilen in den kleinen, schilfbewachsenen Hoderwiesteich bei Seestadtl am Fuße des Erzgebirgs, und selbst der Name Melusina lebt in der erzgebirgischen Sage fort, denn in Bäringen heißt der Sturmwind „Melusinas Klagen um ihre Kinder.“

Unter den Vegetationsgeistern begegnen wir in unserm Gebirge, als einem der ursprünglichen Waldgebirge, hauptsächlich den Walddämonen. Unter den Namen von Waldgeistern, Waldteufeln, wilden Weibern, Wald- und Holzweibchen und Moosmännern, fügen sie sich gleich den Nixen nicht in die Civilisation, und obschon sie zuweilen freundlich mit den Menschen verkehren und dieselben für geleistete Dienste belohnen, so ist ihnen doch der die Zwerge auszeichnende Humor fremd und Schwermut oder große Wildheit charakterisiert sie. Zuweilen treten sie als Schicksalsverkündiger oder Wetterpropheten auf. Waldteufel erschreckten in der Wildnis arbeitende Kohlenbrenner, daß sie starben; Holzweibchen wurden von dem wilden Jäger verfolgt und suchten nicht selten Schutz bei den Menschen; bei Steinbach belohnte z. B. ein solches Weibchen einen Holzhauer mit Spänen, von denen sich einer in einen Thaler verwandelte, weil der Mann in einen gefällten und eben im Fallen begriffenen Baum drei Kreuze hieb und damit dem gejagten Weibchen eine schützende Stätte bereitete. In Grumbach setzte sich vor alten Zeiten ein Holzweibchen auf den Ofenherd eines Hauses und spann, wofür man ihm zu essen geben mußte; im Seegrunde bei Zinnwald bot ein Waldweibchen einem Spitzenhändler Laub an, von dem sich ein im Ärmel zurückgebliebenes Blatt in Gold verwandelte, und auf dem Kahlenberge bei Altenberg wurden früher Holzhauer von kleinen Moosmännchen, deren Gesicht mit Moos überzogen war, geneckt. Endlich erzählt uns der Volksmund, daß die Holzweibchen, seit das Brot im Backofen und die Klöse im Topfe gezählt werden, nicht mehr in den erzgebirgischen Wäldern leben können. Früher wurde beides nicht gezählt und da konnten sich die Holzweibel unbemerkt davon holen. Aus der Schmiedeberger Gegend zogen sie fort über die Eger. Noch leben im Volke außer diesen und anderen Sagen verschiedene Redensarten, welche an die Zeit erinnern, da die verschiedenen Walddämonen noch einzelnen Menschen sich näherten. So sagt man in der Gegend von Schneeberg: „Das Holzweibel hat aufgehängt“, wenn man frühmorgens Spinnweben an den Büschen ausgespannt sieht, woraus man zugleich auf beständiges schönes Wetter schließt; und wenn weiße Nebel aus den Waldungen aufsteigen, so spricht der Gebirger: „Das Holzweibel heizt ein, es wird ander Wetter!“ Ähnliche Redensarten und ähnliche Sagen leben auch im Lausitzer Gebirge und auf den vogtländischen Bergen bis nach Thüringen hinein fort; es sind echt deutsche Überlieferungen, welche Viele dahin deuten, daß sie meinen, die Holzweibchen seien heidnische Sorbenfrauen, welche vor den Christenboten in die Wälder flohen, dann aber, wenn sie verfolgt wurden, bei Stämmen mit dem Kreuzeszeichen Schutz gesucht und gefunden hätten. Nach Jakob Grimm gehören sie jedoch zu dem heidnischen Gespensterspuk, der sich aus den Vorstellungen von halbgöttlichen Wesen, mit denen das Heidentum den Wald bevölkert dachte, entwickelte; und Nork weist sogar auf die Gnomengestalten der indischen Sagen zurück, mit denen er unsere ähnlichen Sagenstoffe wie Ausläufer einer gemeinschaftlichen Wurzel in Verbindung setzt. — Dem slavischen Mythus gehören das Mittagsgespenst und die Marzebilla an; von ersteren, welches unter dem Namen Pripolniza auch in den wendischen Sagen der Lausitz auftritt, sagt man in Bäringen, es hocke sich den Wöchnerinnen auf, welche mittags von 11 – 12 Uhr auf die Gasse treten oder in den Keller und auf den Boden ihres Hauses gehen. Die Marzebilla in der Gegend von Preßnitz und Komotau aber führt Beerensucher in undurchdringliches Dickicht; fluchen sie, so überläßt sie dieselben ihrem Schicksale, beten sie, so führt sie dieselben an fruchtbare Stellen.

Während die Walddämonen von der dichterischen Einbildungskraft der Waldarbeiter und Jäger geschaffen wurden, sind die Zwerge vorzugsweise die Phantasiegebilde der anderen Berufe nachgehenden Gebirgsbewohner, insonderheit der Bergleute. Die Zwerge, als arbeitende Wesen, mußten in den Überlieferungen besonders dann auftreten, als die Kultur des Bodens und der Gewerbebetrieb sich mehr und mehr ausdehnten; nach der nordischen Sage aber sind sie uralt, bergealt. Sie wurden, wie uns die Edda meldet, von allen Wesen zuerst geschaffen, sie schmiedeten gleich den Göttern Erze und lebten in dem Körper des aus Reif oder gefrorenem Tau entsprungenen Riesen Ymir, der die Welt bedeutet. Gewisse übermenschliche Eigenschaften und Fähigkeiten, nach Jakob Grimm aber auch die Liebe zu den Tönen, knüpft ihr Geschlecht an höhere Wesen, vorzüglich an Halbgötter und Göttinnen. Während sie auf der einen Seite dadurch, daß sie den Menschen beistehen, ihnen Glück bringen und sie belohnen, sich den letzteren nähern, scheinen sie, um mich der Worte Jakob Grimms zu bedienen, doch überhaupt von ihnen zurückzuweichen, und „so machen sie den Eindruck eines unterdrückten, bedrängten Volksstammes, der im Begriff steht, die alte Heimat den neuen mächtigeren Ankömmlingen zu überlassen. Sie grollen der menschlichen Treulosigkeit, oder ursprünglich wohl: dem Abfall vom Heidentum; es ist ihnen innerlich zuwider, wenn Kirchen gebaut werden, Glockengeläute stört sie in ihrer alten Heimlichkeit und auch das Reuten der Wälder, den Ackerbau und neue Pochwerke im Gebirge hassen sie.“ Eine Sage meldet uns ausdrücklich, daß, ehe das Obererzgebirge angebaut worden, auf dem Waldgebirge und in dessen Felslöchern Zwerge gewohnt hätten, welche aber durch Aufrichtung der Pochwerke, Eisenhämmer und des „Klippelwerks“ verjagt wurden. Zwerge wohnten z. B. einst auf dem Pöhlberge und in dem Zwergloche auf der Morgenleite des Scheibenbergs und aus dem weißen Fels im Buchwalde bei Bäringen tritt am Charfreitag ein zwerghaft Bäuerlein und säet, worauf am nächsten Charfreitag an derselben Stelle Gold wächst. Zwerge sind Hüter der Schätze; reiche Schätze liegen z. B. im Innern des Gottesgaber Spitzberges, an dessen geöffneter Felsenpforte einst ein spannenhohes Männchen einem Hirten winkte, ihm zu folgen, und an dem weißen Stein bei Alberode zeigt sich zuweilen ein grauer Zwerg, welcher demjenigen, der ihn sieht, große Schätze, ganze Backschüsseln voll Gold, zeigt. Wie die Zwerge des Reußischen Vogtlandes und der Oberlausitz hatten auch die des Scheibenbergs einen König. Sie führen ein Familienleben; während sie aber in der Lausitz und im Vogtlande Feste feiern, Bier brauen und Kuchen backen, ladet im Erzgebirge die Familie des Zwergkönigs ein Mädchen zur häuslichen Näharbeit ein.

Mit dem Zwerggeschlechte sind meist auch die Berggeister des Erzgebirgs verwandt. Bei der großen Zahl der Sagen, in denen diese dämonischen Gestalten den Bergknappen erscheinen, ihnen neue Anbrüche zeigen, sie erschrecken oder wohl auch tödten, unterlasse ich es, hier auf Einzelheiten näher einzugehen; Überlieferungen finden sich nicht allein in den Chroniken unserer Bergstädte, sondern dieselben leben auch vor allen andern Sagen besonders frisch noch in dem Munde unserer ältern Bergleute fort. Berggeister besitzen zuweilen auch die Koboldsnatur; die heitern und neckischen, in vereinzelten Fällen selbst boshaften Kobolde halten sich aber vorzugsweise in den Wohnungen der Menschen, ganz vereinzelt auch im Freien auf. Auf dem Koboldstein beim Kloster Maria-Sorg tanzen am Ostermontage vor Sonnenaufgang die Kobolde. Leben sie in den Wohnungen der Menschen, so sind sie wahre Hausgeister, zu denen die Heimchen und Hütchen oder Jüdel gehören. Mehrere Sagen erzählen uns von Kobolden zu Grüna bei Scharfenstein, Thalheim, Lauter, Annaberg und andern Orten. In Lauter ließ ein Kobold besonders Kindern keine Ruhe und zahlreich waren die Schalkheiten, welche ein anderer Kobold im Hause eines Geistlichen zu Annaberg ausführte. Er versteckte die Schlüssel, streute Korn vom Boden hinab in den Hof, zupfte die Leute an den Kleidern, verschleppte die Betten und trieb noch sonstigen Unfug, so daß, um seiner los zu werden, im Hause täglich zu gewissen Stunden gesungen und gebetet und selbst öffentlich in der Kirche Fürbitte angestellt wurde. Solches geschah im Jahre 1691. In Thalheim brannte das Haus, in welchem der Kobold ähnliche Schalkheiten ausgeübt hatte, ab; und als die ausgeräumten Sachen auf einen Wagen geladen worden waren, um fortgefahren zu werden, ließ sich unter denselben der Kobold mit vernehmlicher Stimme hören: „Wären wir nicht so gerannt, so wären wir wohl mit verbrannt!“

Das Hütchen, welches seinen Namen vielleicht von dem roten Hute der Zwerge hat, tritt überall im Erzgebirge unter dem Namen Jüdel als Kindergespenst auf. Das Jüdel spielt mit den kleinen Kindern, wenn sie während des Schlafes die Augen halb öffnen und dabei zu lächeln scheinen und es hat sie verbrannt, wenn sie rote Flecke haben. Man muß dem Jüdel Spielsachen in den Keller und in die Scheune legen; ein Zauberspruch aber lautet: „Jütchen, ich gebe dir mein Hüthen, willst Du den Mann, ich gebe dir den Hahn; willst du die Frau, nimm hin die Sau; willst du mich, nimm die Zieg; willst du unsere Kinder lassen leben, so will ich dir alle Hühner geben.“ — Kobolde sind auch der in einem Gehölze bei Freiberg früher hausende Geist Mützchen und der Katzenveit bei Zwickau, welcher in manchen Stücken an den Rübezahl des Riesengebirgs erinnert. Ebenso müssen wir die Irrlichter den schadenfrohen Kobolden zuzählen; am Schottenberge bei Annaberg sind Reisende von ihnen betört und in Löcher geführt worden, und in Schmiedeberg sah ein Mann durchs geöffnete Fenster eine unheimliche Fackel, der er vorwitzig zurief: „Komm her auf Courage!“ In diesem Augenblick erhielt er von unsichtbarer Hand eine tüchtige Ohrfeige, die Fackel aber war verschwunden.

Wenn ich nun aus der Dämonenwelt die Riesen nenne, welche nach der germanischen Mythe erst nach den Zwergen erschaffen wurden, um die Ungeheuer und Würmer zu erschlagen, so kann ich mich um so kürzer fassen, als das Erzgebirge, soviel mir bekannt, außer dem besser den Helden zuzuzählenden Riesen Einheer, Sagen von Riesen nicht kennt; wohl aber melden uns verschiedene Chronisten von Riesenknochen, welche da und dort gefunden wurden. Es ist aber mit eine Aufgabe unserer heimischen Sagenforschung, etwaigen Überlieferungen von mythischen Riesen nachzugehen und besonders auch darauf zu achten, ob das Volk einzelne Felsmassen, welche mauerartig aufgetürmt unsere Berge krönen, als von Riesenhänden aufgebaute Werke deutet.

Das germanische wie slavische Heidenthum erblickte in den Tieren Hüllen der Naturmächte, denen sich der Mensch unterordnen muß, und darum tragen auch Sternbilder die Namen von Tieren, in denen man etwas Dämonisches erblickte. Nach Jakob Grimm und Simrock galt die Verehrung von Tieren eigentlich den höheren Wesen, welche die Gestalt von Tieren angenommen hatten; man bildete sie mit Tierköpfen ab und brachte ihnen als Opfer solche Tiere dar, welche ihnen geheiligt waren. Tiere als Hüllen oder Abbilder von Naturmächten und höheren Wesen mußten nach dem Tode fortleben und so erscheinen sie in der Sage als Geister und Gespenster. Ich will solches in diesem Vortrage nicht in seinen Einzelheiten nachweisen, da es mir genügt, im Allgemeinen darauf aufmerksam gemacht zu haben, wie auch den Gespenstersagen, in denen Tiere auftreten, eine tiefere Bedeutung beizulegen ist. Am Gottesacker zu Wildenfels ließ sich zur nächtlichen Stunde ein weißes Schaf, in Wildenau bei Schwarzenberg als Vorbote des Krieges ein blökendes Kalb sehen; im Windischteiche bei Eibenstock lebt ein wunderbarer Fisch mit einem goldenen Reif, den einst eine Prinzessin in den Teich setzte; man erzählt an manchen Orten von der Schutzkraft der Hausotter und im böhmischen Gebirge von wunderbaren Riesenschlangen. — Die Götter und zahlreiche dämonische Wesen des Heidentums, vornehmlich aber die Riesen, sind später unter dem Einfluß der ersten christlichen Priester zu Teufeln geworden, welche in Widerspruch zu dem wahren Gotte treten und die Menschen irre zu leiten suchen. Da ängstigt nun nach den Sagen der Teufel fromme Bergleute zu Freiberg, er bestraft an der böhmischen Grenze gotteslächterliche Säufer, eines Schmieds Tochter in Platten ist von ihm besessen, und in der Katzenmühle zu Buchholz wird er von zwei Bären verjagt, welche ein Bärenführer die Nacht über daselbst eingestellt hatte. — Mit den Teufelsagen stehen weiter diejenigen Zaubersagen, in denen der Mensch sich zum Herrn des Teufels macht oder machen will, im Zusammenhange; überall aber erscheint in diesen Überlieferungen der erstere ausgerüstet mit Wissen, durch welches er auf geheimnisvolle Weise die Kräfte der Natur in seinen Dienst zwingt. Auch im Erzgebirge sind darauf bezügliche Überlieferungen vorhanden. Ein zaubernder Pfaffe aus Mulda kam elend ums Leben, und dasselbe geschah einem Schwarzkünstler und einem Schüler in Freiberg, welche den Teufel zum Dienst herbeigerufen hatten. Wir erfahren in einer Sage, daß im Jahre 1080 Böhmen voller Zauberer, Wahrsager, Beschwörer und Hexen war und daß sich dieselben, nachdem Herzog Ulrich viele hatte hinrichten lassen, in Mähren und in unserem Gebirge zerstreuten; da behexten sie um Klostergrab und Osseck viele Leute, so daß dieselben erkrankten. Andere Sagen erzählen von Mitteln, um den Zauber wieder zu heben oder um Hexen, durch welche Kühe statt Milch Blut geben, zu erkennen.

Obschon ich bereits gewisser Spukgestalten bei den Tierdämonen Erwähnung gethan habe, so muß ich doch noch einmal der Spukgeister und Gespenster gedenken, welche zum Teil auf heidnische Gottheiten, zum Teil auf andere dämonische Wesen zurückzuführen sind. Die Sagen von der wilden Jagd sind durchaus deutschen Ursprungs. Wenn der Sturm durch die Waldung brauste, da glaubten die Germanen, ihr Gott Wuotan ziehe mit seinem aus den Seelen der gefallenen Helden bestehenden Gefolge durch die Luft; man warf sich zu Boden und ließ den Gott über sich hinweg ziehen. Noch heute lebt die Erinnerung daran unter den Namen der wilden Jagd, des wütenden d. h. Wuotans Heeres und wilden Jägers im Gebirge fort. Die wilde Jagd hörte man bei Schlettau und Oberwiesenthal, am Kahlenberge bei Altenberg, auf dem Wege zwischen Weißbach und Kirchberg, ferner in Schönlinde, wo der Jäger „Banditterch“ mit hölzernen Hunden, d. h. Wölfen jagt, die man in Norddeutschland Holzhunde nennt, und an jedenfalls noch vielen andern Orten. Bei Komotau kann man die wilde Jagd um Mitternacht an einem Kreuzwege sehen, wenn man am Tage Adam und Eva früh zur Beichte gegangen ist und den Tag über gefastet hat. An den auf seinem Rosse Sleipnir dahinjagenden Wuotan erinnern auch die Sagen von gespenstischen, teilweise ohne Kopf erscheinenden Reitern bei Waschleithe, Stein, Wildenfels und an noch andern Orten.

Die gnädige Göttin Holda oder Frigga-Holda, welche nach dem Mythus in großer Schönheit einhergeht in langem weißen Gewande, mit am Rücken herabhängendem Schleier, sendet als Wolkengöttin Schnee und Rege. Gefolgt von göttlichen Frauen und Jungfrauen, den Wolken, zieht sie von Berg zu Berg über die Thäler: zuweilen wird ihr Gefolge von dem wütenden Heere, den Seelen der Gestorbenen, gebildet. Ihre Wohnung ist der Berg oder die als Berg gedachte Wolke, aus welcher der befruchtende Regen niederströmt, oder nach anderer Auffassung der See oder Brunnen. „Im Brunnen des himmlischen Gewässers nimmt Holda die Seelen der Verstorbenen in Empfang und sendet sie wiedergeboren als Kinderseelen auf die Erde zurück.“ (W. Mannhardt.) Die Sagen von weißen Frauen und Jungfrauen sind auf Holda und ihre Wolkenfrauen zurückzuführen; letztere erschienen häufig als Wäscherinnen, die ihre Wäsche aufhängen oder bleichen. Im Jungferngrunde am Fichtelberge bleichen Jungfrauen im Frühlinge ihre Leibwäsche, den Schnee, und auf dem Hausberge bei Graslitz sah ein Mann die verzauberten Schloßfräulein Wäsche aufhängen; doch als er näher ging, verschwanden Jungfrauen und Wäsche und statt der letzteren sah er eine Masse von Spinnweben. Weiße Jungfrauen erscheinen häufig als Schicksalsverkündigerinnen, so zeigt z. B. eine solche im herrschaftlichen Hofe zu Venusberg bei Thum durch ihr Erscheinen einen Todesfall im Hause oder in der Familie an.

Schließlich will ich bei unsern mythischen Sagen noch auf die Schatz- und Wundersagen hinweisen. Erstere sagen uns, wo Schätze liegen und durch welche Mittel sie zu heben sind. Zuweilen wird das Vorhandensein eines Schatzes, welcher, wie in der sogenannten „Loh“ bei Schönau, in einer kupfernen Pfanne liegt, auf der Oberfläche nur durch ein Feuer oder Licht angezeigt; oder die Geldgewölbe selbst öffnen sich zu bestimmten Stunden. Solche Schatzkeller finden sich z. B. in der Steinwand bei Blauenthal, auf dem Greifensteine, Bärensteine, Scheibenberge und noch an vielen andern Orten. Die alten Überlieferungen von solchen Örtlichkeiten greifen dann vielfach in das Gebiet der Wundersagen hinein. Letztere erzählen uns z. B. von Wunderblumen, welche nur in großen Zeiträumen einmal blühen und dann dem Glücklichen, der sie pflückt, die Thüren zu den Geldgewölben öffnen. Gelbe Wunderblumen blühen z. B. auf dem Teufelssteine bei Lauter, auf der Steinwand bei Blauenthal und auf dem Gottesgaber Spitzberge. Hirten oder ein armer Grasmäher finden sie und dann öffnet sich unter gewaltigem Krachen der Berg, in dem die goldigen Schätze liegen. In allen diesen Sagen wiederholt sich eine tiefe Symbolik. Die ersten gelben Frühlingsblumen sind die Abbilder des Blitzes, durch welchen die germanische Gottheit Donar im Frühlinge die Berge des Himmels d. h. die Wolken, erschließt, so daß darauf die goldenglänzende und Segen spendende Sonne sichtbar wird. Unter gewaltigem Krachen öffnet sich der Berg, unter Donner die Wolke, und Donar ist es selbst, welcher sie mit seinem Blitze öffnet; er ist der Hirte, von dessen Hand die Blume abgepflückt ward, die dann den Zugang zu den Schätzen im Innern des Berges erschloß.

In das Gebiet der Wundersagen gehören ferner verschiedene Anzeichen am Himmel vor ausbrechendem Kriege, die Prophezeiungen von reichen Erzen am Pöhlberge und Bärenstein, Glockengeläute, welches auf die Gründung Johanngeorgenstadts hindeutet, die Sagen von wunderbaren Linden in Annaberg und Crimmitschau, von wunderthätigen Marienbildern in Ebersdorf und Fürstenau, von Träumen, durch welche heilkräftige Quellen, wie der gute Brunnen zu Niederzwönitz entdeckt wurden, von weißer Erde, die in Zeiten großer Hungersnot zu Brot verbacken, sättigte, und noch gar viele andere Überlieferungen, in welchen die Natur dem Menschen befreundet erscheint und ihm freiwillig durch ihre Kraft Hilfe spendet.

Sie werden aus dem, was ich Ihnen bis jetzt, freilich nur andeutungsweise, von den mythischen Sagen des Erzgebirges vorgeführt habe, hoffentlich schon jetzt erkannt haben, wie reich der Stoff ist und daß unsere heimischen Sagen eine andere Beachtung verdienen, als man ihnen leider noch so häufig zu teil werden läßt. Schwer ist es und vielfach geradezu unmöglich, die ursprünglich dem slavischen Götterkult angehörenden Überlieferungen, welche auf unserem Gebirge durchaus nicht fehlen, von denen dem germanischen Mythus entsprungenen zu trennen. Auch in den slavischen Sagen treten z. B. Nixe, Teufel, Hexen und Zwerge auf; doch werden sich vielleicht beim sorgfältigen Aufzeichnen solcher Stoffe gewisse Eigentümlichkeiten finden lassen, aus denen man zurück auf den Ursprung schließen kann. Außer Acht darf dabei weiter nicht gelassen werden, daß sowohl in germanischen wie slavischen Sagen die Reste arischer Urmythen zu erkennen sind. „Die Zweiglein und Blätter“ aber „des alten“, sei es germanischen oder slavischen „Götterbaumes, welche die Bekehrer aus Geringschätzung liegen ließen, hob das Volk auf und bewahrte und pflegte sie in seinen Hütten, schmückte sich damit bei seinen Festen. Diese einzelnen Blätter sind unsere mythologischen Sagen.“ (Karl Haupt.)

Die Sage wächst aber auch von unten nach oben: Historische Ereignisse werden mit Wundern ausgeschmückt. In diese zweite Sagengruppe gehören die Völker- und Helden- sowie Ortssagen. So erzählt z. B. der Volksmund, daß drei Höfe an dem Windischknock bei Eibenstock die Reste der Besitzung eines vornehmen wendischen Herrn gewesen sein sollen; er erzählt von der Prinzessin Schwanhildis, die einst von der Mulde bis an die Pleiße regierte und dem Sohne Karls des Großen wider die Sorben und Böhmen getreulich Beistand leistete, wir vernehmen von türkischer Musik und Pferdegetrappe, welches sich auf einem Stück sumpfigen Landes bei Kühnheide, auf welchem einst ein Regiment Türken versunken sein soll, zuweilen des Nachts hören läßt, und sie meldet uns auch von einem Riesen Einheer, welcher in den Kämpfen gegen die Wenden die Leute wie Gras niedermähte, um sie dann gleich Hasen und Füchsen an seinen Spieß zu hängen. Wollte ich endlich jetzt auf die in unserm Gebirge überaus reich vorhandenen Ortssagen eingehen, so würden Sie wunderbare Erzählungen von Städtegründungen, Deutungen und Ortsnamen, poetisch ausgeschmückte Stadtgeschichten, wie sie die meisten Chroniken liefern, auch wohl bloße antiquarische Notizen hören, und manches von dem, was hier zu einem Ganzen vereinigt ist, könnte auch wohl den Wundersagen angereiht oder als Ergänzung zu andern mythischen Sagen angesehen werden.

Nicht, als ob solche Ortssagen zu unbedeutend seien, um weiter darauf einzugehen, sondern nur in Anbetracht der mir zugewiesenen Zeit breche ich hier ab. Und ich thue dies mit der nochmaligen Bitte, in Ihren Kreisen nach Kräften meine Arbeit durch Aufzeichnungen alter Volksüberlieferungen fördern zu helfen. Denjenigen aber, welche bisher aus Unkenntnis ihres Wertes, oder aus Gleichgültigkeit oder falscher Vornehmheit den in schlichtem Kleide auftretenden Volkssagen keine Beachtung schenkten, rufe ich das Schlußwort aus der poetischen Vorrede zu Gustav Schalks Nordisch-germanischen Götter- und Heldensagen zu:

„Horch, was der Baum im Walde,
Die murmelnde Quelle spricht:
Vergiß der alten Sagen,
Der alten Götter nicht!

Wie du ein Kleinod bewahrest
Vom toten Freunde dein,
So hege die Sagen der Väter
In deines Herzens Schrein.“

Quelle: Glückauf! Organ des Erzgebirgsvereins. 2. Jahrgang. No. 10 v. 15. Oktober 1882, S. 86 – 93.