Die jüngsten Anlagen auf dem Fichtelberge bei Oberwiesenthal.

Ist der zu 1213 m Meereshöhe ansteigende Fichtelberg mit dem an seinem Fuße liegenden Ober- und Unterwiesenthal schon an und für sich ein Anziehungspunkt für Touristen, so gewinnt der genannte höchste Gipfel des sächsischen Erzgebirges noch durch die jüngsten Anlagen auf demselben ein erhöhtes Interesse. Auf Kosten des Wiesenthaler, erst im Laufe dieses Jahres ins Leben getretenen Erzgebirgszweigvereins, sowie durch Privatbeiträge, sind zunächst an dem von Oberwiesenthal auf den Fichtelberg führenden Wege 9 Ruhebänke, und weiter an dem vom roten Vorwerke nach dem Gipfel führenden Aufstiege 5 derselben aufgestellt worden. Gelangt man auf dem direkten, durch Tafeln gekennzeichneten Wege von genannter Stadt unterhalb des Waldrandes an die erste mit einem Schilde versehene Ruhebank, so kann man sich an einem schönen dreisilbigen Echo erfreuen. Wie hier, so sind auch die übrigen Bänke so aufgestellt worden, daß der Wanderer von ihnen aus einen hübschen Blick auf Wiesenthal und die darüber hinausliegenden Berge und Ortschaften hat. Aber noch ist es ganz besonders eine Schöpfung auf dem Fichtelberge, welcher hier hervorgehoben werden soll. Ist man von Oberwiesenthal dem Gipfel bis auf 4 bis 5 Minuten nahe gekommen, so springen im Waldesgrün zwei Springbrunnen, die höchsten gelegenen Sachsens, empor; der Strahl des oberen steigt ca. 10, der des unteren 4 – 5 m auf, und Ruhebänke zwischen beiden machen es möglich, daß man sich recht lange dem eigentümlichen Genusse hingeben kann, welchen hier oben die von der Sonne beschienenen Wasserstrahlen und die niederplätschernden Tropfen gewähren. Bassin des oberen Springquells ist mit Blumen eingefaßt worden; aus ihm läuft das Wasser über einen künstlichen Felsen hinab in das zweite Bassin; ein an einer Stange befestigtes blechernes Trinkgefäß aber ermöglicht es, daß sich der durstige Wanderer an dem frischen, reinen Bergwasser laben kann. Zur Anlage dieser Springbrunnen mußten zwei Quellen gefaßt und 40 m weit fortgeleitet werden. Der Bau wurde am 30. Mai dieses Jahres unter Leitung des Erzgebirgsvereins-Mitgliedes Herrn Brutus Fleischmann, von welchem auch die Idee ausging, von 10 Wiesenthaler, zur Zeit nur zum Teile unserm Vereine angehörenden Herren an einer Stelle begonnen, wo früher nur sumpfiger Boden war. Die Kosten an 100 M. wurden durch freiwillige Beiträge zusammengebracht, da man in sehr dankenswerter Weise die Kasse des Erzgebirgsvereins nicht damit belasten, sondern dessen Mittel für andere Anlagen und Verschönerungen aufsparen wollte. Der Unterzeichnete, welcher die genannten Arbeiten sowohl zu Pfingsten, als auch während der Sommerferien mit herzlicher Freude verfolgt hat, kann schließlich nicht umhin, den rührigen Wiesenthalern, welche die Anlagen durch Beiträge und Handreichung ausführen halfen, und ebenso der Königlichen Forstverwaltung, welche die Genehmigung dazu erteilte, den besten Dank auszusprechen. Vielleicht gehen auch mit der Zeit noch folgende Wünsche des Wiesenthaler Erzgebirgsvereins in Erfüllung:

  1. Schaffung eines neuen romantischen Weges auf den Fichtelberg durch den Jungferngrund,
  2. Errichtung eines kleinen Schutzhauses neben dem oberen Springbrunnen, zu dessen Anlage nur, um den nötigen Raum zu gewinnen, zwei schwache Fichtenstämme umgeschlagen werden dürften,
  3. Errichtung eines geräumigen Blockhauses auf dem Gipfel des Fichtelberges, in welchen denjenigen Besuchern, welche vielleicht daselbst die Nacht zubringen wollen, um den Sonnenaufgang zu erwarten, ein bescheidenes Unterkommen auf Heumatratzen geboten würde.

Der letztgenannte, auch von anderer Seite gehegte Wunsch ist bereits auf der diesjährigen Delegiertenversammlung des Erzgebirgsvereins, sowie auf einer früheren Generalversammlung zur Sprache gekommen, und es wurde eine derartige Anlage im Interesse der Touristenwelt als mindestens nicht überflüssig bezeichnet, obschon durch die gefällige Überlassung des Turmzimmers auf dem Berge seiten der Revierverwaltung sich die Verhältnisse wesentlich günstiger gestaltet haben, als sie vordem waren.

Dr. Köhler.

Quelle: Glückauf! Organ des Erzgebirgsvereins. 2. Jahrgang. No. 8 v. 15. August 1882, S. 70 – 71.