Der Erzgebirgsverein Adorf kann mit Genugthuung auf das Jahr 1881 zurückblicken; denn seine Mitgliederzahl ist während dieses Zeitraumes von 35 auf 120 gestiegen, und seine Thätigkeit ist für die Umgegend gewiß nicht ohne Segen gewesen.
Ein Rückblick auf die Vereinsversammlungen ergiebt, daß in jedem Monat wenigstens eine Zusammenkunft stattgefunden hat, wie es durch das Lokalstatut vorgeschrieben ist. Es haben einschließlich der am 16. Dezember 1881 abgehaltenen Generalversammlung 12 Zusammenkünfte abgehalten werden können, davon 5, in denen Vorträge zu Gehör kamen, 2 lediglich beratende, 2 kleine Ausflüge in die nächste Umgebung mit Konzert, 2 Einweihungen von Vereinsschöpfungen (eine in Arnsgrün und eine in Remtengrün) und endlich ein großer Ausflug über Klingenthal und den Aschberg durch das Thal der großen Pyra nach Morgenröthe und Jägersgrün. Leider wurde eine Tour zweimal durch regnerisches Wetter vereitelt; sonst würde die Zahl der Versammlungen 13 betragen haben.
Was die Schöpfungen des Vereins anlangt, so ist zunächst des Baues auf der Arnsgrüner Höhe (Ruhebank mit pilzförmigem Schutzdache) zu gedenken. Der Weg über Arnsgrün nach Elster ist so hergestellt worden, daß er auch für Damen passierbar ist. Ferner ist auf die zahlreichen Wegweiser, welche sowohl an dem genannten Fußwege, wie auch an dem Wege nach dem hohen Stein bei Roßbach und endlich am Fußwege von Mühlhausen nach Remtengrün aufgestellt sind, hinzuweisen.
Der große Bau, welchen der Verein ausgeführt hat, ist das hölzerne Aussichtsgerüst auf der Remtengrüner Höhe, der Ernst Turm, der am 7. August unter großer Feierlichkeit und in Gegenwart zweier Mitglieder des Gesamtvorstandes der Öffentlichkeit übergeben wurde.
Daß nach all diesen Schöpfungen unsere Kasse noch mit einem kleinen Überschuß von circa 30 Mark abschließt, ist hauptsächlich der Opferwilligkeit der Mitglieder zu danken. Diese hat sich namentlich vor der Turmweihe in Remtengrün, wo eine Extrasammlung zur Bestreitung der Kosten veranstaltet werden mußte, im glänzendsten Lichte gezeigt; denn es gingen damals 119 Mk. 10 Pf. freiwillige Beiträge ein. Später gelangten noch etwa 20 Mk. an die Kasse. Außerdem sind Fahnen, Baumaterial, Feuerwerkskörper zur Feier der Turmweihe und andere Dinge von Vereinsmitgliedern geschenkt worden. Besonderer Dank gebührt aber auch dem Gesamtvorstande, der bei der Generalversammlung am 25. September 1881 in Olbernhau unserem Vereine eine Unterstützung von 80 Mark aus der Hauptkasse gütigst auswirkte.
Die Thätigkeit unseres Vereins erstreckte sich jedoch nicht nur auf die Verschönerung der Umgegend und das Amüsement der Mitglieder, sondern auch auf andere nützliche Dinge im öffentlichen Interesse. So sind Plakate mit der Angabe der Sehenswürdigkeiten in und um Adorf im Druck erschienen, und auf ein besonderes Gesuch des Vorstandes ist das Anbringen derselben an den Bahnhöfen Adorf und Markneukirchen von der Königl. Betriebsoberinspektion in Zwickau gestattet worden.
Wir dürfen wohl die Behauptung aussprechen, daß dadurch unsere Vereinsbestrebungen gefördert worden sind. Leider haben wir auf eine Petition an die Kgl. Generaldirektion der sächsischen Staatsbahnen um Einstellung von Sonntags Extrazügen zwischen Adorf und Klingenthal und um Ausdehnung der Giltigkeit der gewöhnlichen Tagesbillets für den Nachtcourierzug von Eger nach Plauen auch auf einen Wochentag einen abschlägigen Bescheid erhalten; doch dadurch soll die Angelegenheit noch nicht begraben sein; denn steter Tropfen höhlt den Stein.
Dem Gesamtvorstande wurde durch unseren Verein ein Antrag dahingehend unterbreitet, die Generalversammlung erst nach Abschluß des Vereinsjahres abzuhalten und Delegiertenversammlungen zur Beratung der geschäftlichen Angelegenheiten einzurichten. Wir hatten die Genugthuung, unseren Antrag wenigstens teilweise berücksichtigt zu sehen.
Die Mitgliederzahl würde nicht beträchtlich gestiegen sein, wenn nicht einzelne Herren ganz besonders für Gewinnung neuer Vereinsgenossen thätig gewesen wären. Diesen sei auch hierdurch gedankt. Möge auch im kommenden Geschäftsjahr unser Verein wachsen, blühen und gedeihen, und möge die Freude an der Natur, sowie die edle Schaffenslust zur Beförderung derselben nicht erlahmen!
Wir schließen mit dem Dichterworte:
„Wohl dem, selig muß ich ihn preisen,
Der in der Stille der ländlichen Flur,
Fern von des Lebens verworrenen Kreisen
Kindlich liegt an der Brust der Natur.”
H. Arnold, Schriftführer.
Sayda, 30. Dezember. In seiner ersten Generalversammlung, welche der hiesige Erzgebirgs-Zweigverein am Abende des 27. dieses Monats im Gasthof zum goldenen Löwen hier abhielt, wurde Vorsitzender Bürgermeister Wehner, Schriftführer Ratsaktuar Köhler, Kassierer Ratskontrolleur Kuhn, stellvertr. Vorsitzender Amts-Gerichts-Assessor Heldner. Um für die Wintermonate möglichste Abwechslung in der Unterhaltung zu haben, ward vom Vorsitzenden die Gründung eines Theaterklubs im Verein angeregt und nach einiger Debatte hierüber diese Angelegenheit zur näheren Erwägung und wenn thunlich zur Ausführung einer sechsgliedrigen Deputation übertragen. — Der Generalversammlung folgte ein Familienabend, welcher den zahlreich anwesenden Mitgliedern nebst Familienangehörigen sowie Gästen angenehme Unterhaltung bot. Nach vorausgegangener gelungener Vorführung einiger Konzert-Piecen hielt Herr Bürgermeister Wehner einen interessanten Vortrag über den Ursprung und die Geschichte hiesiger Stadt und Umgegend, aus welchem nur folgende kurze Notizen hier Platz finden mögen. Nach chronikalischen Überlieferungen, welche sich ein hiesiger Bürger vor mehreren Jahren in Klostergrab i. B. verschafft hat, soll der erste Anbau an Stelle der hiesigen Stadt, der Bau einer Raubhütte, bereits i. J. 345 n. Chr. Geb. erfolgt sein und sollen diesem nach und nach weitere Anbauten sich angeschlossen haben. Ob dieser frühe Ursprung begründet, kann nicht behauptet werden. Geschichtlich erwiesen ist, daß Sayda und Purschenstein i. J. 1253 ein ansehnliches Besitzthum war und damals nicht zum Markgrafthum Meißen, sondern zu Böhmen gehörte. Im Jahre 1463 hat die hiesige Stadt, früher Sydow auch Seydowe genannt, ihre Privilegien und Freiheiten von Caspar und Bernhard von Schönberg, den damaligen Besitzern der Schlösser Sayda und Purschenstein, erhalten, die alsdann im Jahre 1558 vom Churfürst August neu konfirmiert worden sind. Die alten Urkunden des Kloster Osseg, wozu Sayda früher gehört hat, geben noch folgende Auskunft über Sayda:
Im Jahre nach der Geburt unseres Heilandes und Seligmachers Jesu Christi Anno 345 den 20. April ist die erste Raubhütte hier in diesem Urwalde erbaut worden; in demselben Jahre wurden im Monat Juli und August noch 5 solche Raubhütten erbaut. Dieses Raubgesindel hauste 5 Jahre lang, im Jahre 350 wurden sie vertilget und vertrieben im Jahre 351, 352 und 353 wurden von den vertriebenen Polen ein großes Stück Wald ausgebrannt und wurden mehrere Häuser erbaut, so daß im Jahre 353 41 Häuser standen.
Im Jahre 389 wurden sie wieder von Räubern überfallen und ausgeplündert und die Häuser angezündet.
Das Jahr darauf 390 bauten sie wieder auf, sodaß im Jahre 423 schon wieder 156 Häuser standen.
Im Jahre 671 wurde sie zu einer Stadt und hatte 593 Häuser, und im Jahre 695 wurde sie von den Rittern, welche Krieg führten, ganz demolirt und weggebrannt.
Das Jahr darauf 696 bauten sie es wieder auf und dann bauten sie sich eine große schöne Kirche mit und hielten sich einen Pater denn sie waren verschiedene Glaubensgenossen, aber die Stadt wurde nicht wieder so groß, denn sie bestand nur aus 418 Häusern.
Dann tauften sie ihren Ort oder Stadt nach ihres Befehlhabers oder dessen Oberhauptes Namen Sadis. Im Jahre 768 kam über die Stadt eine große Sterbe und starb aus bis auf etliche 30 Mann. Da stand die Stadt 5 Jahre lang fast ganz leer, bis sich wieder unverzagte Menschen fanden.
Von diesem Jahre 773 an bis zum Jahre 902 hatte sich diese Stadt wieder so sehr bevölkert, daß sie über 6000 Einwohner zählte und hat wieder 734 Häuser, und in diesem Jahre 902 wurde sie von einer Feuersbrunst ergriffen und brannte nieder bis auf 67 Häuser.
Im Jahre 903 nahm sie ihren Neubau wieder in Angriff und den 4. März stand schon wieder das erste neue Haus da. Nun wurde alle Jahre unaufhörlich fortgebaut, auch wandten sich soviel Juden hieher, die bauten sich eine ganze Judenstadt im Jahre 926 daneben an. Sie bauten sich ein Gebethaus oder einen Tempel, sie hatten ihren Gottesacker Alles für sich allein.
Im Jahre 946 wurde die zweite Kirche gebaut und die Stadt war herangewachsen bis auf 21600 Einwohner, der Handel wurde sehr stark betrieben, es wurden jährlich 2 Messen abgehalten und im Jahre 1085 brannte dieser Ort oder Stadt zum viertenmale bis auf die Judenstadt weg, die zwei Kirchen und drei Schulen brannten auch mit ab. Es bauten sich wohl viele wieder an; aber viele zogen von diesem Orte weg und wurde nicht wieder so groß.
Quelle: Glückauf! Organ des Erzgebirgsvereins. 2. Jg. No. 1, v. 15. Januar 1882, S. 7 – 11.