Industrie für Touristenandenken

Den Mitgliedern des Erzgebirgsvereins, welche „Ueber Berg und Thal“ lesen, wird bekannt sein, mit welchem Eifer und Erfolge Herr Eduard Geucke in Dresden für die Schaffung und Entwickelung einer Industrie des Gebirgsvereins für die sächsisch-böhmische Schweiz (s. z. B. 2. Jahrg. Nr. 9 der genannten Zeitschrift) thätig gewesen ist. Der Unterzeichnete hat bei Gelegenheit des Frühlingsfestes in Pirna eine große Auswahl solcher zu Touristenandenken bestimmten Gegenständen gesehen und sich dabei wiederholt gesagt, daß eine ähnliche, unserm Erzgebirge eigenartige Industrie auch von unternehmenden Mitgliedern des Erzgebirgsvereins geschaffen werden könnte. Von seiten des Gesamtvorstandes wurden durch Circulare die Zweigvereine bereits früher auf das Verdienstliche hingewiesen, welches derartige Unternehmungen für dazu geeignete Geschäftsleute haben könne, und wir haben auch bereits erfahren, daß der Erzgebirgs-Zweigverein Dippoldiswalde als Touristenandenken Strohartikel, sowie kleine Topfwaaren als billiges Spielzeug für Kinder empfiehlt (s. Reisetouren im östlichen Erzgebirge, 1. 5. Verlag des Erzgebirgs-Zweigvereins Dippoldiswalde); ebenso hat im vergangenen Jahre der Vorsitzende des Erzgebirgs-Zweigvereins zum Spiegelwalde, Herr Pastor Ranft in Bernsbach, die Anfertigung billiger, zu Andenken geeigneter Gegenstände der Blechindustrie seines Wohnortes veranlaßt, und der Zweigverein Schneeberg-Neustädtel hat eine kleine Sammlung photographischer Originalaufnahmen für die Besucher seines Bezirks als Erinnerungsgabe zum Verkaufe fertig gestellt. Wir freuen uns dieser Anfänge und wünschen den Unternehmungen gedeihlichen Fortgang. Gleichwohl aber kann sich der Unterzeichnete nicht verhehlen, daß dieser für unser Gebirge so hochwichtigen Angelegenheit noch nicht die erwünschte Beachtung seiten der Zweigvereine entgegengebracht worden ist, und daher hält er es für angemessen, einige kurze Andeutungen darüber zu geben, welcher Art ungefähr die ins Leben zu rufende Industrie sein könne.

  1. Der die oberste Lage unserer Hochmoore bildende lockere hellbraune Moostorf, welcher zum Verbrennen weniger geschätzt ist, eignet sich, wie ich aus Erfahrung weiß, meistens ganz vorzüglich wie der bereits in den Handel gebrachte westfälische Torf zur Herstellung von Platten für Insektenkästen. Könnte von jemandem diese Industrie nicht noch weiter ausgedehnt werden, indem derselbe gleich Holzkästen von verschiedener Größe oder passende Schachteln, mit solchem Torf ausgelegt, für Insektensammler anfertigen läßt? Zu weiteren Mitteilungen für Interessenten bin ich gern bereit.
  2. Guten Absatz dürften auch kleine, zum bequemen Transport geeignete naturhistorische Sammlungen finden. Ich schlage z. B. derartige Sammlungen von im Erzgebirge, oder wenigstens einem Teile desselben herrschenden Gebirgsarten, in der Umgebung eines Ortes gefundenen Erzen und anderen Mineralspezies, in geschmackvollen Kästchen hübsch geordnet, vor. Weiter denke ich an die Zusammenstellung gut gepreßter und getrockneter subalpiner Pflanzen des oberen Gebirgs zu zierlichen Sträußen unter Glas und Rahmen, an Kästchen mit verschiedenen gut bestimmten Flechten, an kleine Herbarien und Ähnliches für solche, welche sich nicht speziell mit Naturgeschichte beschäftigen, aber doch für ihre Wanderungen durch unser Gebirge auf verschiedene Naturgegenstände, welche ihnen dabei entgegentreten, aufmerksam gemacht sein wollen. Hier findet sich ein weites Feld der Thätigkeit für alle diejenigen, welche mit Verständnis, Geschick und Ausdauer die Sache anfassen wollen.
  3. An manchen Orten werden kleine technologische Sammlungen recht gut zusammengestellt werden können. Es müßte hierbei unter anderm der Gang der Bearbeitung eines rohen Naturproduktes bis zu seiner Fertigstellung zum Kunstgegenstande zu verfolgen sein.
  4. Lassen sich nicht auch in unserem Erzgebirge aus dem Holze der Sumpfkiefer (Pinus obliqua Sauter), welche auf den rauhesten Höhen von Sebastiansberg und Satzung an bis in die Gegend von Karlsfeld ausgedehnte Bestände bildet, die aber auch im westlichen Teile des Gebirges z. B. bis an den Filz bei Schneeberg hinabreicht, kleine Gegenstände drechseln und schnitzen? Könnten nicht die charakteristischen Zapfen dieser strauchartigen Kiefer neben denen anderer Nadelhölzer unsers Gebirgs zu Körbchen und dergl. verwendet werden? Ließen sich solche Körbchen nicht mit Säulchen- und Bartflechten weiter ausschmücken? Könnten in ähnlicher oder anderer Weise nicht auch manche holzige Polyporusarten verwendet werden? Ich habe einen derartigen, freilich sehr einfachen und mit Lack überzogenen Zimmerschmuck einmal vor einigen Jahren in Gottesgab und im Neuen Hause am Fichtelberge gesehen. Leider war keiner der Gegenstände verkäuflich, sonst hätte ich mir einen solchen zur Erinnerung mitgenommen.
  5. Schließlich erinnere ich hier noch an die Herstellung von Photographien. die photographischen Bilder möchten vorzugsweise in Visitenkartenformat angefertigt sein, weil sich viele Touristen scheuen, größere Formate besonders der Unbequemlichkeit beim Einpacken, vielleicht auch des Kostenpunktes wegen zu kaufen. Gerade durch Photographien müssen die schönen Punkte unsers Gebirgs bekannter werden. Die meisten Besucher werden sie zur Erinnerung an besuchte Orte gern kaufen, sie daheim ihren Freunden zeigen und dadurch letztere anregen, daß diese ebenfalls ihre nächste Reiseroute unser Erzgebirge werden lassen.

Damit glaube ich nicht diesen wichtigen Gegenstand abgeschlossen zu haben; die vorstehenden Zeilen sollen vielmehr nur eine wiederholte Anregung sein, der Frage weiter nachzugehen. Hoffentlich wird sich noch der oder jener kleine Industriezweig auffinden lassen, welcher geeignet ist, dem eingangs ausgesprochenen Zwecke, Andenken für Touristen zu schaffen, zu dienen. Glückauf dazu!

Dr. Köhler

Quelle: Glückauf! Organ des Erzgebirgsvereins. 1. Jg. Nr. 3 v. 15. März 1881, S. 23 – 25