Die ehemaligen Zinnseifen im Erzgebirge (2).

Von Dr. Köhler.

(Schluß.) -> Teil 1

Zu den bedeutenderen Seifen gehörten die in Sauschwemme am Auersberge, welche als 600, 700 und 900 Lachter Seifen noch bis zum Anfange des zweiten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts abgebaut wurden. In dem 900 Lachter Seifengebirge daselbst hatte man z. B. von 1643 bis 1671 über 19596 Gulden Ausbeute. Wie fleißig daselbst nach Zinnerz gesucht worden ist, dafür sprechen noch heute die gewaltigen Halden, welche im Durchschnitte 6 – 8 m Mächtigkeit besitzen. Und doch war dieses Seifenwerk, wie Oettel in seiner Historie von Eibenstock erzählt, im Anfange „gar nicht geachtet und von einem Bergmanne, der Schuhfleck geheißen, vor ¼ Zentner Zinn verkauft worden.”

Zahlreich waren auch im 17. und 18. Jahrhunderte die Seifen in der Umgebung des Dorfes Bockau. Daselbst hat man fast in jedem Thälchen nach Zinnerzen gesucht, und daher erhoben bereits 1681 die dortigen Gerichte darüber Klage, indem sie darauf hinwiesen, „wie durch die Seifenarbeit ihren Wiesen, Mühlgräben und Röhrwässern großer Schaden erwüchse, so daß sie nicht einen Tropfen reinen Wassers zum Brauen, Kochen und Waschen in ihrem Bache behalten könnten.”

Das ganze Gebirge bis nach Johanngeorgenstadt wurde nach Zinnerzen durchsucht, denn es gab z. B. auch Seifen in den Thälern des Fällbaches bei Steinheidel und Erlabrunn. Die an der linken Seite des Steinbaches, am Sosaer und Rothen Bache waren reine Granit-, diejenigen am Ziegen-, Breiten- und Jugelbache reine Schieferseifen. Ein großer Teil der Seifen oberhalb Johanngeorgenstadts, in der Gegend um Platten, besteht aber aus Trümmern des Granit- und Schiefergebirges. Dort oben, nämlich an den Gehängen des Schwarzwasserthales unterhalb Seifen, mögen die Wäschen auch dem Diluvium angehören; tertiär sind diejenigen, welche in Form eines schmalen Bandes unter der Steinhöher Basaltdecke ausstreichen. Im Gebiete des Granits finden sich weiter die Reste alter Zinnseifen bei Frühbuß, Sauersack, Hirschenstand Trinkseifen und zum Teil bei Bäringen, im Gebiete des Schiefers die bei den Försterhäusern, um Hengstererben und bei Streitseifen.

Bemerkenswert sind in unserem Gebirge noch die Seifen bei Geyer; sie befinden sich z. B. im Greifenbachthale und nordwestlich von der von Geyer nach Elterlein führenden Chaussee, sowie östlich der Mühlleithe und im Thale des Geyerbaches. Die Gewinnung des Zinnsteins aus diesen Ablagerungen, sowie diejenige im Zschopauthale zwischen der Lötzsch- und Loosmühle gehört einer älteren Zeit an. Endlich mögen noch die aus eckigen Gneisfragmenten und feinkörnigem Grus bestehenden ehemaligen Seifen am nordöstlichen Gehänge der Vierung sowie in einem Seitenthälchen des Heidelbachthales auf der Sektion Marienberg der geologischen Karte von Sachsen hier genannt sein.

Daß der Ursprung des durch seine Spielwarenindustrie weitbekannten Ortes Seiffen ebenfalls auf ehemalige Zinnseifen zurückzuführen ist, wurde bereits am Anfange dieses Aufsatzes bemerkt. Später wurde daselbst der Zinnstein bergmännisch in Gruben abgebaut, und als Denkmal dieser Gewinnung ist noch eine ziemlich ansehnliche Pinge zurückgeblieben. Einen gleichen Ursprung hat auch das nahe gelegene Seifenbach, sowie Seifen bei Dippoldiswalde. Es lassen sich gewiß noch viele Örtlichkeiten in unserm Gebirge anführen, welche entweder durch ihre Namen oder durch die Oberflächenbeschaffenheit und durch schriftliche und mündliche Überlieferungen auf diese alte Zinngewinnung hinweisen. So wird z. B. in Schumanns Lexikon von Sachsen bemerkt, daß der Buchholzer Kommunwald auch die Bezeichnung „der Seifen” führe.

Trotzdem, daß man früher das ausgeseifte Zinn für besser als das in Gängen gefundene hielt und besonders zu dem von Agrikola († 1555) zuerst erwähnten Verzinnen des Eisens verwandte, mußte doch die Seifenarbeit in unserm Gebirge endlich aufhören. Als Grund dafür ist wohl anzuführen, daß man allmählich alle einigen Gewinn versprechende Thäler und Berglehnen ausgeseift hatte, und daß der dabei erzielte Verdienst später in keinem Verhältnisse mehr stand zu der verwandten Zeit und dem Bodenwerte. Ganz besonders mußte der Waldbetrieb durch die Seifen erheblich leiden, und ebenso wurde das zum Auswaschen des Erzes nötige Wasser, wie ja schon die früher mitgeteilte Beschwerde der Bockauer Gerichte beweist, den unumgänglichsten Bedürfnissen der Ortsbewohner ganz oder wenigstens teilweise entzogen.

Quelle: Glückauf! Organ des Erzgebirgsvereins. 9. Jg. Nr. 3 v. März 1889, S. 18 – 19.