Erzgebirgisches Sonntagsblatt 120. Jahrgang, Nr. 52, 26. Dezember 1926, S. 5
Noch in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts wurde in gewissen Gegenden von Galizien das Weihnachtsfest auf eine ganz eigentümliche Weise begangen. Man belegte am Christabend den Eßtisch dick mit Heu, zur Erinnerung an die Krippe des Heilandes, und erst über das Heu wurde das Tischtuch gebreitet. Dann kamen auf die Tafel Fische in allen möglichen Zubereitungsweisen und die nationale Weihnachtsspeise, die „Kutja“ hieß und ein Brei war, der aus Weizenmehl, Mohn, Milch und Honig bereitet wurde. Wenn die „Kutja“ auf den Tisch kam, schöpfte der Hausherr einen großen Löffel voll aus der Schüssel und schleuderte den Inhalt gegen die Stubendecke. Blieb der Brei an der Decke hängen, so galt dies als ein günstiges Vorzeichen für das kommende Jahr. Der Breiklumpen blieb aber gewöhnlich schon wegen seiner klebrigen Bestandteile hängen und wurde mit möglichster Sorgfalt an der Decke zu erhalten versucht.
Vdz.