Ein altes Urteil (1517).

Erzgebirgisches Sonntagsblatt 120. Jahrgang, Nr. 46, 14. November 1926, S. 2

In einem alten titellosen Buche heißt es:

Es ermordete im Jahre 1514 Blaßius Haße zu Kleinrückerswalde (damals nur Rückerswalde genannt) Einen, namens Melchior Hewbell (Heubel) und dieser Mord wurde nach drei Jahren folgendermaßen „gesühnt“:

„Im Gericht zu Rückerswalde kamen in Gegenwart des Richters und der Schöppen

  1. von seiten des Mörders: Michael Hyrßfelter (Hirschfelder) und Jakob Pülez aus der Schleten (Pilz aus Schlettau),
  2. von seiten des Erschlagenen: Michael Rebentisch, Martin Funk, Jakob Barth, Peter Metzner und auch andere aus dessen Freundschaft — zusammen und entschieden diese Sache mit folgendem Vertrage:
    1. mußten Haßens Vertreter in dessen Seele eine Wallfahrt nach Rom und Aachen zu den daselbst vorhandenen Heiligtümern geloben. Dann mußten sie
    2. 30 Vigilien, 30 Seelenmessen und ein Seelbad (Reinigung des Gewissens durch die Beichte und ausgeübte gute Werke) geloben. Ferner mußte
    3. der Mörder Blasius Haße dem Ermordeten ein steinern Kreuz auf dem Gottesacker zu Rückerswalde setzen lassen und
    4. machten sich die obengenannten Vertreter des Mörders verbindlich, daß dem Entleibten ein staatliches Leichenbegängnis (s. v. w. Leichenfeier) zu Rückerswalde in der Kirche durch feuierliche Vigilien und Seelenmessen gehalten werde, bei welcher vier Wachskerzen geopfert werden sollten, jede ein Pfund schwer. Zu diesem Leichenbegängnis waren vertragsgemäß sechs Priester erforderlich. Endlich aber sollte
    5. Blasius Haße an des Ermordeten Witwe und Kinder zur Sühne seines Mordes zehntehalb Schock Silbergroschen als Vmbmannegeld1 entrichten.

Dafür waren Bürger und Selbstschuldner: Peter Metzner, Matthes Schuffener, Michel Riegel und Oswald Stelzner.“ —

Durch die Erfüllung dieses Vertrages wurde der Mörder von der gesetzlichen Strafe für seine Untat befreit.

—m—

  1. ‚Vmbmannegeld“ erklärt der Buchholzer Chronist Mag. Melzer, der dieser Sache in seiner „Historia montis S. Catharinae sub legmina fagi“ (149-173) gedenkt, mit „Wehrgeld“; nach heutigem Sprachgebrauch dürfte die Umschreibung „Sühnegeld“ verständlicher sein. ↩︎