Schlettau

(Beschluß.)

Die Stadt Schlettau betraf im Jahre 1700 ein starker Brand, der aber bei weitem von dem im Jahre 1708 übertroffen wurde, wo die ganze innere Stadt – die Vorstädte sind sehr unbedeutend – bis auf das Schloß und das Carlowitzische Haus abbrannte; ein Blitzstrahl hatte dieses Unglück bewirkt. Bedenkt man nun, daß dieser Brand, zu einer Zeit, wo keine Feuerversicherungsanstalten existirten, mit den, durch den schwedischen Krieg nöthig gewordenen starken Abgaben zusammentraf; so darf man sich nicht wundern, daß wohl noch jetzt, besonders nach den neueren, Sachsen hart betroffenen Zeitereignissen, die Nachwehen jenes großen Brandes empfunden werden, und dadurch der Grund zu einem gedeihlichen Emporblühen dieser Stadt untergraben wurde. Ueberdies wurde dieselbe schon wieder im Jahr 1733 von einer ansehnlichen Feuersbrunst heimgesucht.

Schlettau liegt in der Nähe vieler Städte – Grünhayn, Elterlein, Geyer, Annaberg, Buchholz, Jöhstadt, Scheibenberg u. s. w. – am Abhange eines, gegen Süden noch höher ansteigenden Berges, welchen östlich die Zschopau, westlich die rothe Pfütze bespühlt – an der Chaussee von Schneeberg nach Annaberg – rings mit hohen Bergen umgeben, die jedoch erst in ziemlicher Entfernung von der Stadt bewaldet sind, da dieselbe eine starke Feldflur besitzt. Die Gegend ist im Ganzen angenehm, und das Thal der Zschopau ist vorzüglich reizend. Dieses Flüßchen hat hier noch einen starken Fall, daher einen rauschenden Lauf, und enthält viel Bachfische, besonders gute Forellen. Eben diese beherbergt auch die, vom Fuße des Scheibenberger Hügels, also aus Süden herabkommende rothe Pfütze, welche einen flachen Grund bildet, nur ¾ Stunde weit fließt, gleich unterm Schlosse, wo sie die neue Spinnmühle treibt, die Zschopau erreicht, und ihren Namen theils von ihrem langsamen Lauf vor dem Elterleiner Thore, theils von ihrer ehemaligen rothen Farbe hat, welche ihr die, jetzt nicht mehr gangbaren Grubengebäude gaben.

Schlettau 1835
Schlettau

Schlettau hat 139 Häuser (1716 nur etwa 90, und 1801 nur 125) und dich nach Verhältniß sehr starke Volksmenge von ungefähr 1200 Seelen. Im Jahre 1779 zählte man nur 106 Familien und 492 Menschen über 10 Jahre alt; 1801 gab man 824 Konsumenten an. Unter den Gebäuden zeichnen sich aus: das Schloß, die Spinnerei, das Rathhaus, das Geleitshaus, das Brauhaus (mitten auf dem Markte), die Kirche, Schule, Pfarrwohnung und mehrere wirklich schöne Privathäuser. Auf dem Schlosse, das seit 1819 ein gefälligeres Aeußere erhalten, hielten sich in den früheren Zeiten die Regenten der Jagd wegen oft auf, auf dessen nördlicher Seite man eine liebliche Aussicht auf das Zschopenthal hat. – Die Kirche hat ein sehr altes, finsteres Ansehen, deren Inneres ebenfalls ohne alles Interesse ist; sie gehörte vor der Reformation nicht ins Meißner, sondern ins Prager Bisthum, und die Pfarrstelle besetzte der Abt zu Grünhain.

Seit dem 30jährigen Kriege ist der Bergbau bis zu welcher Zeit derselbe hier blühete, und nicht nur die reichsten Silbererze hier brachen, sondern auch gediegen Gold und Kobalt, sehr verfallen, und es giebt daher nur noch sehr wenig Bergleute hier. Man gewinnt nur noch etwas Silber und Zinn. – Der Haupterwerbszweig ist jetzt nächst einiger Klöppelei, die früher sehr stark im Gange war, noch der Feldbau, besonders starker und guter Flachsbau; die Erdäpfel brachte hieher der Oberforstmeister von Beulwitz im Jahre 1720 von seinen voigtländischen Gütern, von wo aus sie sich bald über die Aemter Grünhain und Wolkenstein verbreiteten.

Bei Schlettau fiel 1452 oder 53 ein Treffen zwischen den Böhmen, die es ausgeplündert hatten, und Friedrich dem Sanftmüthigen vor, welcher jene verjagte, und 200 Gefangene machte. Hier hielt sich auch der pensionirte letzte Grünhainer Abt Johannes seit 1536 auf und wohnte nebst seiner Gattin in dem Hause neben jenem des Zwickauer Calandes, welches letztere Johannes zur Dotation der hiesigen Pfarre eingeräumt hatte.

Der erzgebirgische Volksfreund, 16. Jahrgang v. Juni 1835, S. 85 – 86.