(Nebst einer Ansicht.
Schlettau bei Annaberg, gewöhnlich die Schleht, in Urkunden die Slethin oder Sleta, d. h. (ein Schloß), auch Slete, Sletein, zuletzt Schlöte und Schleittau genannt, ist ein uraltes, von den Sorbenwenden wahrscheinlich um des Bergbaues willen gegründetes Bergstädtchen in dem davon benannten Amte, welches schon längst suspendirt und zum Amte Grünhayn geschlagen worden ist. Vor 400 und mehr Jahren, auch bis zum 30jährigen Krieg herab, war Schlettau ohne Zweifel ungleich wichtiger als jetzt, und es scheint ein besonderer Unstern über demselben gewaltet zu haben. In alten Zeiten war es der Hauptort der Herrschaft Schlettau, welche ursprünglich zu Böhmen gehörte; demselben aber einst von Kurfürst Friedrich dem Sanftmüthigen mit dem Schwerdt entrissen und zu Sachsen geschlagen, früher aber vom Geschlechte derer von Schönburg auf Haßenstein in Böhmen besessen wurde.
Im Jahr 1413 trat Fritz v. Schönburg die Pflege Schlettau an die Abtei Grünhayn ab, und übernahm dafür, außer 840 Schock gute böhmische Groschen, das Dorf Retzig in Böhmen nebst einigen Dorfantheilen von Saßu und Naschuc. (Netzig ist jetzt Retschig bei Kralup, Naschuc jetzt Naschau daselbst, Saßu aber wahrscheinlich das dortige Sosa.) Fritz von Schönburg begünstigte überhaupt das Kloster sehr, und ließ sich darin begraben.
Als der Hussitenkrieg das Kloster sehr herabgebracht hatte, verpfändete der Abt die Pflege Schlettau an Sigismund v. Miltitz um 800 Schock Groschen. Nach urkundlichen Nachrichten hingegen hätte Friedrich der Sanftmüthige sie Miltitzen als eine Eröberung geschenkt, von welchem das Kloster sie wieder einlöste. Dieß muß noch vor 1464 geschehen seyn; denn damals bestätigte nicht allein Friedrich der Sanftmüthige die ältern Privilegien von Schlettau, sondern verbot auch dem Kloster für immer, die Pflege zu veräußern. Unter den ältern Privilegien verstehen wir besonders diejenigen, welche derselbe Kurfürst 1432 in einer Urkunde gab, wo Schlettau zum erstenmale wirklich eine Stadt genannt wird; sie betrafen einen neuen Freimarkt, und den Schutz, den die Voigte zu Zwickau und Stollberg der Stadt angedeihen zu lassen gebeten wurden. Damals war Schlettau von den Hussiten gänzlich ruinirt worden, und noch vor hundert Jahren ackerte man hier oft Harnische, Pfleile und dergleichen mehr aus; auch fand man 1649 drei Pfeilspitzen im Knopf des Schloßthurmes. 1525 wurde die Stadt von einem 1500 Mann starken Bauernhaufen erstürmt und übel behandelt.
Im Jahr 1533 überließ Abt Johann der Stadt einen großen Waldraum (der jetzt meist abgetrieben ist) zur Viehtrift, hielt auch bald darauf eine Grenzbesichtigung mit Deputirten von Schlettau und mit dem Herrn v. Schönburg auf Hartenstein. Aber schon 1536 wurde die Abtei secularisirt, und Schlettau eine unmittelbare Besitzung Herzog Georgs des Bärtigen, dessen Nachfolger die Pflege als ein Amt (gestiftet 1553) verwalten ließen, welches jedoch, als die Stadt durch den 30jährigen Krieg so gar sehr herabgekommen war, mit zum Amte Grünhayn geschlagen wurde. Dieser Krieg ruinirte Schlettau mehr, als fast alle umliegende Städte, und besonders hauseten die Schweden auf dem Rückmarsche aus Böhmen so schrecklich, daß sich die meisten Bewohner aus der fast ganz abgebrannten Stadt zurückzogen, und nur noch 19 Paar Eheleute übrig blieben. Daher zählte der Ort 1697 nicht mehr als 102 bewohnte Häuser mit eben so viel Bürgern, und unter den 475 erwachsenen Bewohnern nur 73 Handwerker nebst 10 Handelsleuten, besonders Spitzenhändlern.
Der erzgebirgische Volksfreund, 16. Jahrgang, Mai 1835, S. 74 – 75.