Blicke in die Vorzeit der Stadt Annaberg

Übernahme des Originaltextes (Orthographie leicht angepaßt)

Zu gleicher Zeit bauete man auch vom Böhmischen Tore nach dem Wolkensteiner hinunter an der Mauer und ihren Türmen und es scheint, daß dieses Tor mit dem Buchholzer zu gleicher Zeit vollendet worden sei. –

Das Mühltor wurde dann, nachdem die Mauer bis hierher fertig war, 1510 aufgeführt und geschlossen. Und so war denn also die Stadtmauer beinahe ringsum fertig, nur bei dem Frohnauer Tore war sie es noch nicht, indem hier noch immer hölzerne Planken und Palisaden jene Stelle vertraten und es soll die Mauer an dieser Stelle erst 1540, wo der Herzog Georg schon tot war, sowie dieses Tor selbst, vollendet und geschlossen worden sein. –

Die beiden Pforten, die Stufen- und Klosterpforte, wurden im Laufe der Zeit durch die veränderten Verhältnisse weniger nützlich und deshalb zugemauert, was gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts geschehen zu sein scheint. – Kehren wir nun aber noch einmal zum Mühltor zurück.

Von den nächsten Nachbargebäuden dieses Tores ist zu bemerken 1.) das Malzhaus. Dieses wurde mit diesem Tore zugleich vom Herzog Georg, aus landesväterlicher Fürsorge, zur Abwehr des Mangels errichtet und dem Rate zu diesem Zweck übergeben. Späterhin wurde dieses Haus, seiner ursprünglichen Bestimmung entgegen, zum Malzhause eingerichtet; wenn aber dieses geschehen sei, ist nicht mehr bekannt. 2.) Das Schlachthaus, oder der sogenannte Kuttelhof, gehörte bis zum Jahre 1524 der Schuhmacher-Innung, als eine Art gemeinschaftliches Kaufhaus, in dem gedachten Jahre aber erkaufte es der Rat von dieser Innung und ließ es abtragen, an dessen Stelle aber ein Schlachthaus erbauen, zu dessen Gebrauch die Fleischhauermeister angewiesen wurden. Es war dieses Schlachthaus anfänglich mit zum Verkauf des Fleisches bestimmt; doch wurde dieses, wegen Entlegenheit des Ortes abgeändert und das Erdgeschoß des Kaufhauses zur Fleischhalle eingerichtet, wo sie blieb, bis dieses Haus 1604 abbrannte, wo die Fleischbänke ihren jetzigen Ort bekamen, weil das Kaufhaus, welches an der Stelle sich befand, wo jetzt die Hauptwache steht, nach dem Brande nicht wieder aufgebauet wurde.

Diese Abhandlung ist ein Bruchstück aus der ältesten Geschichte Annabergs, bis zum Jahre 1604, welche ich ursprünglich zu einem anderen Zwecke schrieb. Da nun aber dieser aus verschiedenen Gründen nicht erreicht werden kann; so habe ich während der Krankheit, an welcher ich seit neun Monaten leide und welche mich zu jedem anderen Geschäft als Schreiben unfähig gemacht hat, sowohl von dieser Abhandlung sowie von einer anderen dergleichen über das ehemalige hiesige Kloster, für Freunde der Stadtgeschichte Abschriften gefertigt, welche ich denselben empfehle.

G. A. W.

Annaberger Wochenblatt No. 46/1841