Das Franziskanerkloster zu Annaberg

Übernahme des Originaltextes (Orthographie leicht angepaßt)

Es ist wohl jetzt, wo ein Teil der noch bestehenden Klosterruinen, ja fast der letzte, zu einem andern Gebrauche verwendet werden soll, mehr als irgend an der Zeit, einen Blick auf die Begebenheiten der Vorzeit zu wenden und die Geschichte des Klosters in gedrängter Übersicht zu betrachten.

Mit dem Entstehen der Stadt fanden sich auch Franziskanermönche ein und der Herzog Georg von Sachsen sah sich hierdurch veranlaßt, ein Kloster zu bauen, zu dem der Grundstein am Sonntage Invocavit des Jahres 1502 gelegt wurde. Dieser Bau wurde in den folgenden Jahren eifrig betrieben, besonders im Jahre 1505, wo die Kirche vollendet worden sein mag; denn es wurde in diesem Jahre eine Glocke von 15 Zentnern gegossen und in den Turm auf der Kirche gehangen.
Im Jahre 1512 wurde der Bau des Ganzen vollendet und es fand durch den Bischof von Meißen auf das feierlichste die Einweihung statt; doch waren schon früher die Mönche hier wohnhaft, denn im Jahre 1510 ging der so berühmt gewordene Myconius in dieses Kloster.

Das Leben der Mönche dieses Klosters mag aber ziemlich ungeistlich gewesen sein, denn der Rat sah sich mehrere Male genötigt, deshalb Beschwerde über sie zu führen, und allmählich sank die öffentliche Achtung gegen diese Klosterleute tief hinab. Diese Verachtung wurde immer größer, besonders als in Buchholz der Pfarrer Mag. Bachmann anfing, biblische Predigten zu halten, wo er in den ehemaligen Mönchen Linke, Didymus und Myconius, im Jahre 1524, tüchtige Gehilfen und die Reformation, selbst unter den Mönchen dieses Klosters, Anhänger fand, von denen Didymus, Myconius, Bindmann und Leutenbeck durch die Geschichte genannt werden. Die ersten drei verließen bei Gelegenheit das Kloster und retteten sich dadurch, der arme Leutenbeck aber war nicht so glücklich, denn er wurde wegen seiner Ketzerei, die er in einer Predigt durch den Satz: „Daß der Mensch nur allein durch Gottes Gnade und Christi Verdienst selig werden könne“, ausgesprochen hatte, verhaftet und – lebendig eingemauert. Endlich, eben zu der Zeit, als die Stimme der öffentlichen Meinung in dieser Stadt am ungüstigsten für die Mönche geworden war, starb der Herzog Georg (17. April 1539) und das Land desselben fiel an seinen Bruder, den Herzog Heinrich, welcher nun den Protestantismus in diesem Lande einführte, wo denn die Mönche sich (1540) genötigt sahen, das Kloster zu räumen und sich nach Böhmen zu wenden, wo sie in den Franziskanerklöstern in Kaaden oder Eger ein Unterkommen fanden.

Nunmehr wurden die Gebäude des Klosters zu weltlichen Zwecken verwendet, wo denn z.B. die Münze in diese Gebäude verlegt wurde; sie blieb jedoch, wegen des ungeheuern Lärmens, den die Maschinen verursachten, nicht lange in denselben, und wurde 1542 nach Dresden transportiert; die Kirche aber blieb der Gottesverehrung geweiht und wurde jeden Freitag eine Predigt von dem Superintendenten in derselben gehalten.

Die Gebäude dieses Klosters waren weitläufig und, wie die erscheinende Ansicht zeigen wird, sehr ansehnlich. Das Ganze war, wie alle Klöster, im Viereck angelegt. Gegen Morgen stand die Kirche und die übrigen drei Seiten enthielten die Wohnungen der Mönche, sowie eine Anzahl Zimmer, den Landesfürsten, wenn er sich in Annaberg befand, mit seinem Gefolge darin aufzunehmen, und die Küchen mit den Kellern und anderen Gewölben, vorzüglich aber rund umher den Kreuzgang, bekanntlich ein besonderes Erfordernis in den Klöstern, und unterhalb des Klosters befand sich ein großer Garten, der von den Mönchen bearbeitet wurde.
Hieraus ist denn nun aber ersichtlich, daß dieses Gebäude der Stadt zur Zierde diente, obgleich das Kloster selbst nichts weniger als ein reiches genannt werden darf, weil es einem Orden angehörte, dessen Glieder von der Wohltätigkeit anderer lebten und deshalb keine Schätze sammeln konnten.

Als nun am 27. April 1604 die Stadt Annaberg bis auf wenig Häuser ein Raub der Flamme wurde, hatten auch diese Klostergebäude ein gleiches Schicksal und sie lagen nun an 200 Jahre in Ruinen, bis sie endlich mit dem Beginnen des 19. Jahrhunderts teilweise wieder aus denselben erhoben und in ein Magazin zur Abwehrung der Hungersnot verwandelt, auch jetzt in unseren Tagen wieder andere Stellen dieses Klostergebäudes, wie schon gedacht, zur Beförderung des Gewerbefleißes verwendet wurden.

Dieses wäre also eine gedrängte Übersicht der Geschichte dieses Klosters, welche aber in der Zukunft weit ausführlicher erscheinen und die aus der Vorzeit auf uns gekommene Abbildung dieses Klosters begleiten wird, die einen Teil der „Historischen Denkmäler der Stadt Annaberg“ ausmachen soll, deren Herausgabe jetzt die Absicht der Herren Rudolph & Dieterici, sowie des Verfassers dieser kurzen Abhandlung ist, wo die von Text begleiteten lithographierten Abbildungen Gegenstände aus der Vorzeit Annabergs enthalten und, um das Werk auch den Minderwohlhabenden leichter käuflich zu machen., in Lieferungen erscheinen werden. Dies hielt der Einsender für nötig vorläufig zu bemerken, ein Prospectus des Unternehmens selbst wird nun bald mit einem Probeblatte erscheinen und das Weitere besagen.

Annaberger Wochenblatt 18/1836