Am Annenmarkt 1762.

Erzgebirgisches Sonntagsblatt 119. Jahrgang, Nr. 24, 13. Juni 1926, S. 5

Zu Ende des Monats Juli Anno 1762 hatte Annaberg sehr starke Einquartierung. Zuerst kam das preußische Regiment schwarzer Husaren, die ansagten, daß 4000 Mann nachkämen und es müßten gleich alle Buden auf dem Markte eingerissen werden. In Zeit von 1½ Stunden war keine einzige Bude auf dem Markte mehr zu sehen. Endlich kamen weiße, blaue und rote Husaren, die sich nebst einem Dragoner-Regiment unweit der Ziegelscheune und beim Schießhaus lagerten. Gegen 2 Uhr kamen anderthalb Tausend Infanterie; diese wurde in der Stadt einquartiert und je ein Haus bekam 3, 4 und 5 Mann. Es mußte ihnen gleich Brot, Butter, Bier und Branntwein gegeben werden und um 3 Uhr ging auf jeder Gasse ein Unteroffizier herum, der in den Häusern ansagte, daß jeder Soldat Fleisch, Branntwein, Butter, Brot und Bier auf den Abend bekommen müsse. Es waren vier Generale hier; der General v. Seydlitz lag beim Herrn Gensel in Quartier. Es war ein langer, magerer, aber sehr schöner Herr. Der General von den schwarzen Husaren hieß Belling. Er war klein und dick.

Am 31. Juli sind alle hinein nach Böhmen marschiert. Es war ein jämmerlicher Anblick, wie in der kurzen Zeit bei der Ziegelscheune (der Stadtpark stand damals noch nicht) und dem Schießhaus alle Felder zugrunde gerichtet waren: den grünen Hafer hatten sie für die Pferde abgehauen und auf sehr vielen Erdäpfel-Aeckern die Erdäpfel rausgetan und die Felder ruiniert. (Nach einer zeitgenössischen Handschrift.)

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