Erzgebirgisches Sonntagsblatt 120. Jahrgang, Nr. 47, 21. November 1926, S. 4
De Stoppfritzen
war um die Mitte des vorigen Jahrhunderts eine der bekanntesten Typen unserer Stadt. Ihre Berühmtheit verdankte sie ihrem losen Mundwerke, welches auch vor keiner Person von Ansehen Halt machte und beißenden Spott ausgoß, wo sich nur Gelegenheit dazu bot. Ihr Lieblingsplatz war die Museumsecke, die heute noch der Treffpunkt der Annaberger Sperrg… ist. Wenn auch damals noch kein Verkehrsschutzmann dort stand, so gab es doch allerhand zu beachten. Als hier eines Tages der Bürgermeister Scheibner der Stoppfritzen auf seinem Wege zum Rathause passierte, rief sie ihm nach:
„Hä, Beergermeester, mach‘ ner zu — die annern sei schu ub’n!“
Auf Bürgermeister Scheibner hatte sie es ganz besonders abgesehen. Als er einmal bei Glatteis auf dem Annaberger Markt stürzte, rief sie ihm mit lauter, weithin schallender Stimme zu:
„Hä, Beergermeester — nu tut d’r wohl dei … weh!“
Na, fein ist die Stoppfritzen eben nie gewesen. Ein freundliches Wesen war dagegen ihr Zeitgenosse, das
„Gratuliermännel”.
Dieses war ebenfalls stadtbekannt. Es wußte alle Geburtstage der Honoratioren auswendig und stellte sich bei ihnen pünktlich zum Wiegenfeste ein, seinen Glückwunsch in wohlgesetzten Worten anbringend. Dafür erhielt er einen kleinen klingenden Lohn und ab und zu auch etwas Gutes für den Magen. Er fehlte bei keiner Kindtaufe, keiner Hochzeit, bei keinem Jubiläum und ähnlicher Festlichkeit, wo er sein Sprüchlein anbringen und seinen Lohn einstreichen konnte.
Wer kennt noch andere Geschichten von diesen oder anderen Originalen?